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3. Unter der Landbevölkerung Littauens herrscht noch vielfach
der Glauben, dass die in den Brüchen erscheinenden Irrlichter die
Stelle anzeigen, wo der „Böse“ seinen Schatz brenne, und dass nur
der Mensch diesen Schatz heben könne, der das Licht zu verlöschen
vermöge. Solch ein Irrlicht sah kürzlich eines Abends der Knecht
des Besitzers G. in K. im Kreise Labiau in dem neuen Torfbruche
leuchten. Niemandem, ausser dem Dienstmädchen, mit dem er sich
verheiraten wollte, sagte er, dass er den Schatz heben gehe, und so
trat er denn, bewaffnet mit einem Spaten und einem langen Brett,
das ihm zum Betreten des wässerigen Bruches dienen sollte, und be
gleitet von den Segenswünschen des Mädchens, den Weg zur „Geld
brennerei“ an. Vom Fenster aus verfolgte Letzteres das Licht, das
auch in der Tat bald nach dem Weggange des Knechtes erlosch.
Nun glaubte es fest daran, dass es dem jungen Manne gelungen sei,
das Licht zu verlöschen und den Schatz dem „Bösen“ zu rauben.
Als aber Stunde auf Stunde verging, und der Knecht nicht wieder
kehrte, machte sich das Mädchen auf den Weg nach dem Bruch, und
bald vernahm es jämmerliche Hilferufe und auf seine Antwort die
Meldung, dass der Knecht bis zum Halse im Moore stecke. Das
Mädchen holte nun sofort Hilfe. Nicht ohne Gefahr drang man in
den Bruch ein und fand hier den Knecht in der Tat bis zum Halse
im Morast stecken. Mit grosser Mühe rettete man ihn, doch ist er
fest überzeugt, dass er nicht verunglückt sei, sondern dass der „Teufel
ihn verfolgt habe.“ Fr.
4. Die goldene Wiege im Runbarg. Auf einer Koppel des
Geweses Rethwischhof (b. Oldesloe) befindet sich ein selten schönes
Hünengrab, welches Runbarg genannt wird. Von diesem Grabhügel
erzählt man in dortiger Gegend folgende Geschichte. Der Runbarg
enthält eine goldene Wiege, die aber nur in der Mitternachtzeit zum
Vorschein kommt und von dort weggeholt werden kann, sobald auf
dem Hin- und Rückweg kein Wort gesprochen wird. Als sich nun
einst zwei Männer aufgemacht hatten, um die Wiege zu holen, ver
schwand sie sofort wieder, als der eine zu dem andern sagte:
„Nu man to.“ E. Abel.
5. Wo der Regenbogen aufhört, liegt Geld vergraben.
Isergebirge. M. Rösler.
i8. Vom Biichertiselie.
Fr. v. Hellwald: Die Erde und ihre Völker. Von der im Verlag der Union,
Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart, Berlin, Leipzig in 29 Lieferungen ä 50
Pf. erscheinenden Neuausgabe des geographischen Hausbuchs von Friedrich von
Hellwald „Die Erde und ihre Völker“, bearbeitet von Dr. W. Ule, liegen nunmehr
fünf Lieferungen vor. Sie setzen die in der ersten begonnene Schilderung Amerikas
und seiner Inseln fort und zeichnen sich wie jene durch die fesselnde Vortrags
weise und die reiche Fülle trefflicher Illustrationen, sowohl Text wie Vollbilder,
aus. Bei der stetigen Erweiterung unseres Weltverkehrs, dem wachsenden Interesse