B. Referate. Urgeschichte.
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53. F. Zschokke: Die Tierwelt der Schweiz in ihren Beziehungen
zur Eiszeit. Basel 1901. 71 S.
Die Schweiz war einst mit Gletschern bedeckt. Am Gletscherrande
tummelte sich eine heute zum Teil ausgestorbene, zum Teil aus unseren Ge
genden ausgewanderterte Tier- und Pflanzenwelt. Als die Gletscher zurück
wichen, da zogen auch die eiszeitlichen Pflanzen und Tiere mit denselben
gegen Norden und in das Hochgebirge. Darum finden wir heute noch eine
merkwürdige Übereinstimmung vieler Arten der nordischen und der hoch
alpinen Fauna und Flora. Manche dieser Eiszeitformen sind aber auch als
Relikte im Tiefland zurückgeblieben, als einsame Zeugen uralter Zustände.
So blüht bei Schneisingen (Aargau) die Alpenrose und bei Aarau gedeiht
die Alpenerle. Knochenfunde in Höhlen lieferten die Beweise, dass einst
eine nordisch-alpine Tierwelt in der oberen Schweiz zu Hause war: das
Ren und der Vielfrass, der Steinbock und das Murmeltier etc.
Auch die niedere Tierwelt zeigt diese Verhältnisse, auch bei ihr
lassen sich zahlreiche Verbindungsglieder der alpinen Region mit dem hohen
Norden nachweisen, auch von ihr haben wir Relikte in der Hochebene und
im deutschen Mittelgebirge. Ja, der Verfasser zeigt, dass sogar unter den
tiefstehenden Wasserbewohnern, im sogenannten Plankton, zahlreiche Formen
existieren, welche eiszeitliche Charaktere an sich tragen und im Hoch
gebirge, in grossen Tiefen der Alpenseen, sowie im hohen Norden sich
finden. Die Veränderung der Erdoberfläche hat ihr Spiegelbild in der
Verteilung und Lebensweise ihrer Bewohner. j)r. J. Heierli-Zürich.
54. E. v. Tröltsch: Die Pfahlbauten des Bodenseegebietes. Mit
461 Abbildgn. im Text. Stuttgart, F. Enke, 1902. X und
255 Seiten. 8°.
Die Zahl der Pfahlbaustationen im Bodensee ist auf über 50 gestiegen,
üie Funde sind in mehreren grösseren und kleineren Sammlungen zerstreut,
Un d die Litteratur dazu ist nicht immer leicht erhältlich. Darum ist es
dankenswert, dass der leider kürzlich verstorbene Verfasser alles kurz
zusammengestellt und eine Monographie der Bodensee-Pfahlbauten geschrieben
hat. Die, wenn auch einfachen, Abbildungen sind willkommene Ergänzungen
des im Wort Gebotenen. Eigentlich sollten bei solchen Arbeiten Männer
Ve rschiedener Wissenschaften Zusammenarbeiten, denn der Prähistoriker kann
nic ht auch Zoologe, Mineraloge, Kenner aller möglichen primitiven Techniken
sein. Es soll deshalb nicht als Vorwurf gegen den Verfasser gedeutet
Werden, wenn wir gewünscht hätten, dass z. B. über die Textilkunst der
•^fahlbauer nach dem neueren Stand unseres Wissens referiert worden wäre.
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enr erfreut waren wir andrerseits, in dem Werke mancherorts neue Ge
danken und Wegleitungen zu finden, die vielleicht neue Untersuchungen
rVOr rufen. jy r j Heierli-Zürich.
Intern, Centralbiatt fiir Anthropologie. 1903. 4