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B. Referate. Ethnologie.
Gelehrten verwandter Wissenschaften bringt; beide Kapitel bilden unent
behrliche Nachschlagebücher. In dem Adressbuch ist zwar auch den meisten
Ethnologen und Anthropologen Beachtung geschenkt worden, indessen ver
missen wir doch noch darin manchen Namen von gutem Klang.
Bei den engen Beziehungen, die zwischen Völkerkunde und Erdkunde
bestehen, bedarf es keines Hinweises, dass auch der Ethnologe bei dem
Geographenkalender auf seine Kosten kommen dürfte, was auch schon aus
dem reichen Inhalt hervorgeht. Wenngleich der Herausgeber in der Ein
leitung bescheiden um Nachsicht bittet, dass der vorliegende Jahrgang noch
nicht das geworden ist, was ihm bei der Bearbeitung des Kalenders vor
schwebte, so bildet er doch bereits eine „nie versagende Auskunftei für den
Tisch des Geographen“ und auch des Ethnologen. Buschan-Stettin.
B. Spezielles.
387. J. Amtmann: Untersuchungen über frühmittelalterliche und
moderne Schädel aus Pfünz bei Eichstätt. Inaug.-Diss.,
München 1903. Abgedruckt in: Beiträge zur Anthropologie
u. Urgeschichte Bayerns, 1903. Bd. XV, S. 13—65.
Einen Beitrag zur Beleuchtung der Frage über die Übergangsperiode
von der vorhistorischen dolichocephalen in die moderne brachycéphale Schädel
form leistet A. mit seiner Untersuchung einer beim römischen Kastell zu
Pfünz in Bayern aufgefundenen Reihe von Schädeln, welche ihm von Ranke
zur Bearbeitung übergeben wurden. Die Schädel stammten aus dem Mittel-
alter und zwar waren hiervon 21 frühmittelalterlich, 6 spätmittelalterlich;
ausserdem lagen 10 moderne Schädel aus einem Ossarium desselben Ortes
vor. Von den frühmittelalterlichen waren 9 Schädel dolichocephal, 4 meso-
cephal, 6 brachycephal; die übrigen mittelalterlichen Schädel waren 3 doli
chocephal, 1 mesocephal, 2 brachycephal; die modernen Schädel sind vor
wiegend brachycephal. A. nimmt an, dass in Pfünz, welches im fränkischen
Jura liegt und der Sitz der am meisten brachycephal en Bayern zu sein
scheint, die Umwandlung der einst vorwiegend dolichocephalen Reihengräber
bevölkerung in die heutige stark brachycéphale bedeutend rascher vor sich
ging als in Lindau von der mesocephalen in die brachycéphale, worüber
eine gründliche Arbeit Rankes vorliegt. Hingegen blieb die Kapazität des
Schädels innerhalb ihrer absoluten Grenzen dieselbe, wie sie vor tausend
Jahren war (3562), wenn auch bekanntlich die Brachycephalen selbst bei
kleinerem Schädelvolumen eine relativ viel höhere Kapazität aufweisen, als
die Dolichocephalen. A. stellt sich auf den Standpunkt Rankes, indem er
die Pfünzer Schädel nicht als Übergangsformen, sondern als direktes Resultat
der Mischung zweier Schädeltypen bezeichnet. Br. Oskar v. Rovorka- Wien.