B. Referate. Ethnologie.
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geschaffen (S. 64). Ja sogar die „in Norditalien, der Schweiz, Ober-Öster
reich, Mähren, Polen, in den Ostseeprovinzen, in grosser Anzahl aufgefundenen
Pfahlbauten, können schon den Vorfahren der Slaven zugeschrieben werden“
(S. 66). Weiter kann man in der That den vorgeschichtlichen Panslavismus
wohl nicht treiben.
Stellt schon der Inhalt des Buches die Geduld des Lesers auf eine
harte Probe, so gilt dies in noch höherem Maasse von der Form der Dar
stellung. Der Übersetzer verfügt nicht über die elementarsten Kenntnisse
der deutschen Sprache. Schnitzer wie: „Wer die Veneten am Adriatischen
Meere von allseitigem Gesichtspunkte ins Auge fassen wird —, der wird
an ihr Slaventum nicht zweifeln. Ebensowenig wird er aber auch an das
Slaventum der hallstätter Kultur zweifeln“ (S. 64), oder „In Brandenburg
und in der Lausitz begegnen wir einer voll entwickelten Bronzezeit, ganze
Urnenfelder“ finden sich auf jeder Seite. Man kann in der That sein
Erstaunen nicht unterdrücken, dass eine angesehene Verlagsbuchhandlung
ihren Namen zu einem derartigen Machwerke hergegeben hat.
Dr. H. Seger-Breslau.
191. Nadmorski: Polabianie i Siowincy (Die Polaben und Slowinzen).
Wisla 1902. Bd. XVI, S. 141—161.
Der Verf. giebt eine Übersicht und Besprechung der jüngsten Forschungen
über die Polaben in Hannover und die Slowinzen in Pommern, welche uns
durch Tetzners Werk „Die Slaven in Deutschland“ wieder bekannt geworden
sind. Beigeschlossen ist ein Verzeichnis slowinzischer Wörter.
Prof. R. F. KaindlrCzemowilz.
192. A. A. Iwanowski: Über anthropologische Forschungen unter
den Fremdvölkern Russlands. (Russ.) Russische Zeitschrift
für Anthropol., 1902. Bd. III, Nr. 9, S. 112.
Ex Oriente lux — dieser Satz gilt auch von der Anthropologie des
russischen Reiches, die den Schlüssel zu vielen ungelösten Rätseln moderner
Ethnologie in sich birgt. Ein Blick auf bisher Geleistetes kann daher nur
erwünscht sein. Wertvoll aber im höchsten Grade ist eine, die Übersicht
abschliessende Zusammenstellung der Quellenwerke, die es über Fremd
völker Russlands giebt. Solche Völker sind über das weite Reich nicht
weniger als 96 zerstreut, und jedes von ihnen, sei es noch so klein und
unbedeutend, hat bereits seinen Bearbeiter gefunden. Zunächst sind nur
°he ersten Schritte gethan. Die Hauptsache ist noch unerledigt. „Ich hoffe“,
schreibt Gustaf Retzius in einer brieflichen Mitteilung, „dass der Kreis der
Forschung erweitert und eine Untersuchung des ganzen russischen Reiches
ln anthropologischer Beziehung vorgenommen werden wird. Es ist dies
ZWar eine Riesenaufgabe, aber sie lohnt sich sicherlich und ist von grosser