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B. Referate. Ethnologie.
wandt und benachbart mit der Bevölkerung der Terramaren Italiens (Wenden-
Veneter). Sie waren wie die Südslaven brachykepkal und von dunkler Haut
farbe. Infolge des Bernsteinhandels verbreiteten sich die Slaven nach Norden
(etw'a 800 v. Chr.), überstiegen die Karpathen und dehnten sich an der
Oder und Weichsel bis ans baltische Meer aus. Hier führten sie die bisher
unbekannte Leichenverbrennung ein, ferner die Bekanntschaft mit Metallen
und Glas; doch wurde Eisen nur zu Schmuckgeräten verwendet. Im Norden
der Karpathen hatten die Eingewanderten ein neolithisches \olk von heller
Hautfarbe vorgefunden, das sie beim Vordringen nach Südosten (bis in die
Gegend von Kiew) teilweise absorbierten; die Finnen wurden von ihnen
nach Osten gedrängt. Um Chr. Geburt drangen aus Skandinavien die Ger
manen ein, welche den allgemeinen Gebrauch des Eisens zu Werkzeugen
und Waffen einführten. Erst um 500 zogen Slaven auch in das nordöstliche
Russland; vorher ist von ihnen hier keine Spur vorhanden.
In gewissem Sinne werden diese Ergebnisse durch die Forschungen
von Talko-Hryncewicz unterstützt. Auch dieser ist geneigt, die alten
Slaven für Brachykephalen mit dunklen Haaren zu halten. Hie Dolicho-
kephalen in altslavischen Gräbern hält er auch für fremde Elemente, und
zwar denkt er auch an ältere Bewohner, welche von den Slaven unterworfen
worden wären. Für den Ausgangspunkt der brachykephalen Slaven hält er
die Karpathengegend (Tatragebiet, Galizien), wo noch heute die Kurzköpfigkeit
besonders prägnant hervortritt. Die von hier nach West und Ost ausgehende
Bevölkerung hält er für eine kriegerische und ritterliche, welche die schwächeren
langköpfigen Ureinwohner unterwarf und assimilierte. Damit steht die von
Talko-Hryncewicz aber früher festgestellte Thatsache in Übereinstimmung,
dass der polnische Adel sich von dem übrigen Volke durch höheren Wuchs
und bedeutendere Kurzköpfigkeit auszeichnete. Nur hat er diese Erscheinung-
früher anders erklärt (verschiedene Lebensstellung; vergl. Globus, Bd. 74, 394).
Bemerkt sei noch, dass diese Ausführungen von Talko-Hryncewicz sich gegen
Niederles bekannte czechisclie Arbeiten und die durch dieselben veranlassten
Ausführungen von Potkanski (0 pochodzenin Slowian“ im Kwart. Hist.,
Lemberg 1902) wenden. Nach Niederle waren die Slaven bekanntlich ur
sprünglich langköpfig und nahmen zufolge der Verhältnisse des Klimas und
der Lebensweise erst kurzköpfigen Typus an. Auch Potkanski nimmt für
die Slaven ursprünglich Langköpfigkeit in Anspruch und verwirft daher auch
die Beweisführungen, welche sich auf die Annahme ursprünglicher Kurz
köpfigkeit der Slaven stützt. Er sieht daher auch gerade die von Talko-
Hryncewicz als reinen slavischen Typus aufgefassten Bewohner Galiziens
nicht als solche an.
Majewski hat schon im J. 1899 (vergl. Slavozytni Slowianie na ziemiack
dziesiejrzej Germanii, Warschau) seine Ansicht dahin dargelegt, dass Mittel
europa nur von Slaven und Kelten bewohnt war, die Germanen erst aus