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B. Referate. Ethnologie.
nicht zugleich alle anderen physischen Eigenschaften beeinflussen. Wenn
man von den Lahuli die 15 am meisten kurzköpfigen heraussucht, sollte
man erwarten, dass sie sich mehr dem tibetischen Typus annähern, also
dass ihr Nasomalar-Index niederer sei, und dass sie mehr leptorhin und
kleinwüchsiger seien. Dagegen ist ihr Nasomalar-Index etwas höher als das
Mittel, ihr Nasenindex etwas niederer und ihre Körperhöhe ein wenig grösser.
Die Unterschiede sind klein, und man kann sagen, dass sie in jeder anderen
Hinsicht als der Längenbreitenindex völlig normal sind. Dagegen die 15
langköpfigsten Lahuli lehnen sich in jeder Hinsicht an den indischen Typus
an, indem sie zugleich mehr proopisch, mehr platyrhin und grosswüchsiger
sind, als das Mittel.
Wenn man auf gleiche Weise die Messungen der Kulu analysiert,
so sieht man, dass keiner von ihnen genügend tibetische Eigenschaften in
sich vereinigt, um sich dem Mittel der Lahuli anzureihen, und dass die
Kurzköpfigsten in anderer Hinsicht mehr indische Merkmale besitzen als das
Mittel ihres Stammes. Sie sind also mehr proopisch, mehr platyrhin und
hochwüchsiger. Wenn man von diesen Kurzköpfigsten diejenigen heraus
sucht, welche mehr platyopisch und leptorhin sind, so sieht man, dass sie
grösser sind als ihre Landsleute. Diejeniden, welche hinsichtlich der Schädel-,
Nasen- und Nasomalar-Indices mehr Neigung zum indischen Typus zeigen,
sind zugleich kleiner als das Mittel.
Verfassers Studien sind sehr dankenswert, denn sie eröffnen für die
Anthropologie neue Bahnen. Wenn sie auf andere Rassen und auf grössere
Individuenzahlen fortgesetzt werden, können sie auf die schwierigen Fragen
der Erblichkeit und der Hybridität Licht werfen. Die sehr schönen photo
typischen Tafeln veranschaulichen die im Text geschilderten Unterschiede
des Lahul und Kulutypus. Br. L. Laloy-Boräeaux.
130. E. Pittard: Contribution ä l’etude anthropologique des Tsiganes
turcomans. L’Antliropologie, 1902. Bd. XIII, S. 477.
In der Dobrudscha sind die turkmenischen Zigeuner ziemlich zahlreich;
verschiedene Städte besitzen einen Vorort, der von ihnen allein bewohnt ist
(Constanja und Manjaha). Ob dieselben anderer Herkunft sind als die
rumänischen Zigeuner, oder ob sie einfach die Sprache, Religon und Sitten
der muhammedanisehen Völker angenommen haben, unter denen sie gelebt
haben, bleibt noch zweifelhaft. Falls die Zigeuner wirklich aus Indien
stammen, kann man annehmen, dass Teile ihres Volkes sich auf ihrem
Wanderzuge in Balutschistan, Afghanistan, West-Turkestan und Klein-Asien
zersplittert haben. Vielleicht haben diese Stämme ihre Wanderung nach
Westen fortgesetzt, nachdem sie sich mit der einheimischen Bevölkerung
vermischt hatten; sie können auch einen Teil derselben mit sich geschleppt
haben. In beiden Fällen würde ihre Rasse nicht mehr rein sein.