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Siegfried Neumann
bereits älterer Besitz gewesen sein, während die meisten Koffer zweifellos Neuan
fertigungen waren. In der Folge hielten offensichtlich nur wenige Bauern bewußt an
der Lade fest, so daß schon wenige Jahrzehnte später die in bäuerlichen Haushalten
in Gebrauch befindlichen Laden ihrer Zahl nach hinter den dort anzutreffenden
Koffern rangierten.
Der Grund für diese Entwicklung ist zum großen Teil darin zu sehen, daß der
modische Koffer, wie die Mitgift-Verzeichnisse ausweisen, in immer stärkerem
Maße — statt der Lade — Bestandteil der Aussteuer einer jungen Bäuerin wurde.
Brachte sie bis ca. 1770/80 gewöhnlich 2 Laden mit und wurden in der Folgezeit all
mählich 1 Lade und 1 Koffer das Übliche, so kamen um die Jahrhundertwende meist
bereits 2 Koffer und nur noch in selteneren Fällen Laden in den neuen Haushalt. —
Dabei ist interessant, daß sich dieses Zurückdrängen der Lade im bäuerlichen Mobi
liar unabhängig davon vollzog, daß nur wenige Jahrzehnte später als der Koffer —
neben den älteren Formen des Speise- und Milchschranks — der Kleiderschrank
Eingang ins Bauernhaus fand ; denn er trat zunächst nur einer etwa gleichbleibenden
Anzahl von Truhen (Laden und Koffern) zusätzlich an die Seite. So erscheint er
bereits im 18. Jahrhundert gelegentlich unter dem verzeichneten Heiratsgut, wenn
daneben nur Laden erwähnt sind und noch kein Koffer. Und um die Mitte des
19. Jahrhunderts, als der Kleiderschrank sich auch in bäuerlichen Haushalten ein
gebürgert hatte, bekam die Braut daneben trotzdem meist mehrere Koffer in die
Ehe mit.
Ein paar typische „Illaten“-Verzeichnisse 36 mögen diesen Prozeß anschaulich machen: 37
Dadow 1751: „2 Laden als 1 eichen und 1 tannen, 1 Brettstuhl, 1 Spinnstuhl“; 38 Sülstorf
1814: „1 eichen Schrank mit 2 Thüren und 2 Schlösser, eine Seite als Kleider-, die andere
als Eßschrank eingerichtet; 1 eichene schloßfeste Lade, 1 eichen Bettstell mit hohen Stie-
pern“; 39 Greven 1828: „1 Lade, 1 Koffer, 1 Stuhl“; 40 41 Hohen Woos 1840: „1 eichen auf
gesetzter Schrank mit 4 Thüren und Schlößer, 1 dito Kleiderschrank, 2 eichene Koffer“; 111
Wodorf 1861: „1 tannen Kleiderschrank, 2 eichene Koffer, 2 Brettstühle, 2 Bettstellen,
1 eichenen beschlagenen Koffer, 1 Eßschrank, 1 tannen Tisch“. 42
Mit den größeren Mitgiften, die zweifellos Ausdruck gewachsener wirtschaftlicher
Kraft und Zeugnis steigender Wohnansprüche waren, wuchs auch das bäuerliche
Mobiliar überhaupt an. Nach der Wende zum 19. Jahrhundert wurde die gesamte
Möblierung des westmecklenburgischen Bauernhauses jedoch noch eindeutig von
praktischen Erwägungen bestimmt. Sie umfaßte ausschließlich Zweckmöbel,
unter denen gegenüber der mobiliaren Ausstattung des vorigen Jahrhunderts nur
der schon relativ häufig anzutreffende Kleiderschrank und die zahlreicheren Stühle
auffallen.
36 Hier werden natürlich nur die Möbel daraus angeführt.
37 Dabei ist wieder zu berücksichtigen, daß solches Heiratsgut in der Regel erst verzeich
net wurde, wenn die Bäuerin Witwe geworden war, die Angaben also wieder entsprechend
zurückzudatieren sind.
38 LHASch Rep. 92 i (DA Grabow) Nr. 1902.
39 LHASch Rep. 92 r (DA Schwerin) Nr. 4678.
40 LHASch Rep. 92a (DA Boizenburg) Nr. 123 Fase, c 4.
41 LHASch Rep. 92g (DA Dömitz) Nr. 1655.
42 LHASch Rep. 92V (DA Wismar) Nr. 158c Fase. 1.