Digitalisate

Hier finden Sie digitalisierte Ausgaben ethnologischer Zeitschriften und Monografien. Informationen zum Digitalisierungsprojekt finden Sie [hier].

Suchen in

Volltext: Deutsches Jahrbuch für Volkskunde, 11.1965

132 
Siegfried Neumann 
bereits älterer Besitz gewesen sein, während die meisten Koffer zweifellos Neuan 
fertigungen waren. In der Folge hielten offensichtlich nur wenige Bauern bewußt an 
der Lade fest, so daß schon wenige Jahrzehnte später die in bäuerlichen Haushalten 
in Gebrauch befindlichen Laden ihrer Zahl nach hinter den dort anzutreffenden 
Koffern rangierten. 
Der Grund für diese Entwicklung ist zum großen Teil darin zu sehen, daß der 
modische Koffer, wie die Mitgift-Verzeichnisse ausweisen, in immer stärkerem 
Maße — statt der Lade — Bestandteil der Aussteuer einer jungen Bäuerin wurde. 
Brachte sie bis ca. 1770/80 gewöhnlich 2 Laden mit und wurden in der Folgezeit all 
mählich 1 Lade und 1 Koffer das Übliche, so kamen um die Jahrhundertwende meist 
bereits 2 Koffer und nur noch in selteneren Fällen Laden in den neuen Haushalt. — 
Dabei ist interessant, daß sich dieses Zurückdrängen der Lade im bäuerlichen Mobi 
liar unabhängig davon vollzog, daß nur wenige Jahrzehnte später als der Koffer — 
neben den älteren Formen des Speise- und Milchschranks — der Kleiderschrank 
Eingang ins Bauernhaus fand ; denn er trat zunächst nur einer etwa gleichbleibenden 
Anzahl von Truhen (Laden und Koffern) zusätzlich an die Seite. So erscheint er 
bereits im 18. Jahrhundert gelegentlich unter dem verzeichneten Heiratsgut, wenn 
daneben nur Laden erwähnt sind und noch kein Koffer. Und um die Mitte des 
19. Jahrhunderts, als der Kleiderschrank sich auch in bäuerlichen Haushalten ein 
gebürgert hatte, bekam die Braut daneben trotzdem meist mehrere Koffer in die 
Ehe mit. 
Ein paar typische „Illaten“-Verzeichnisse 36 mögen diesen Prozeß anschaulich machen: 37 
Dadow 1751: „2 Laden als 1 eichen und 1 tannen, 1 Brettstuhl, 1 Spinnstuhl“; 38 Sülstorf 
1814: „1 eichen Schrank mit 2 Thüren und 2 Schlösser, eine Seite als Kleider-, die andere 
als Eßschrank eingerichtet; 1 eichene schloßfeste Lade, 1 eichen Bettstell mit hohen Stie- 
pern“; 39 Greven 1828: „1 Lade, 1 Koffer, 1 Stuhl“; 40 41 Hohen Woos 1840: „1 eichen auf 
gesetzter Schrank mit 4 Thüren und Schlößer, 1 dito Kleiderschrank, 2 eichene Koffer“; 111 
Wodorf 1861: „1 tannen Kleiderschrank, 2 eichene Koffer, 2 Brettstühle, 2 Bettstellen, 
1 eichenen beschlagenen Koffer, 1 Eßschrank, 1 tannen Tisch“. 42 
Mit den größeren Mitgiften, die zweifellos Ausdruck gewachsener wirtschaftlicher 
Kraft und Zeugnis steigender Wohnansprüche waren, wuchs auch das bäuerliche 
Mobiliar überhaupt an. Nach der Wende zum 19. Jahrhundert wurde die gesamte 
Möblierung des westmecklenburgischen Bauernhauses jedoch noch eindeutig von 
praktischen Erwägungen bestimmt. Sie umfaßte ausschließlich Zweckmöbel, 
unter denen gegenüber der mobiliaren Ausstattung des vorigen Jahrhunderts nur 
der schon relativ häufig anzutreffende Kleiderschrank und die zahlreicheren Stühle 
auffallen. 
36 Hier werden natürlich nur die Möbel daraus angeführt. 
37 Dabei ist wieder zu berücksichtigen, daß solches Heiratsgut in der Regel erst verzeich 
net wurde, wenn die Bäuerin Witwe geworden war, die Angaben also wieder entsprechend 
zurückzudatieren sind. 
38 LHASch Rep. 92 i (DA Grabow) Nr. 1902. 
39 LHASch Rep. 92 r (DA Schwerin) Nr. 4678. 
40 LHASch Rep. 92a (DA Boizenburg) Nr. 123 Fase, c 4. 
41 LHASch Rep. 92g (DA Dömitz) Nr. 1655. 
42 LHASch Rep. 92V (DA Wismar) Nr. 158c Fase. 1.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.