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Siegfried Neumann
Regel kaum über die Jahrhundertwende zurück. Für die voraufgegangene Zeit sind
wir auf die Aussage von Archivalien angewiesen. Als beste Quelle erwiesen sich hier
die seit dem frühen 18. Jahrhundert erhaltenen bäuerlichen Inventare, 23 welche von
Beauftragten der Landesherrschaft routinemäßig bei Gehöftsübergaben angefertigt
wurden. 24
Nach Ausweis solcher Inventare 25 waren die Häuser der leibeigenen mecklenburgi
schen Bauern 26 bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts noch immer verhältnismäßig
möbelarm. Zwar schwanken die Angaben in den einzelnen Gegenden je nach der
Größe der Höfe und der Zahl der im Haushalt lebenden Personen, in der Regel aber
beschränkte sich das vorhandene Mobiliar auf das Allernotwendigste.
Das zeigen knappe, über Vermerke betreffs der „Hofwehr“ hinausgehende Verzeichnisse
wie: „i Eichen Tisch mit i Schublade, 2 Bencke, 1 Eßel- und 1 Milch-Schapf, 4 Eichen
Laden, 2 Gesindebetten und 1 vor Ihnen selbst.“ 27 — Aufschlußreich über die Art der Mö
blierung ist eine Bestandsaufnahme der „gesambt Gühter“ des Bauern Frantz Düerkopen zu
Bandekow vom 3. Jan. 1733; dessen nachgelassene Einrichtung umfaßte „an allerhandt
Haußgeräth: In der Stube: 1 Eichen Tisch, 2 Eichen Bencke, 1 Brettstuhl, 1 gewundenen
Lehnstuhl, 1 alten dito, 2 niedrige Stühle, 1 Eichen Bettstat mit 4 stiepern, 1 große tannen
schloßfeste Kiste — Auf der Diehln: 4 tannen Laden, 1 dito ohne schloß, 1 eichene schloß
feste Neüe Kiste, 1 Neües eichen Eßenschap schloßfest worin 5 Schauren, 1 alt [Milch- ?j
Schap.“ 28
In der Stube, dem meist noch einzigen Wohnraum, stand nur, was zur Befriedi
gung elementarer Wohnbedürfnisse unumgänglich war: Tisch, Sitzgelegenheiten,
Bett. Auf der Diele, dem Arbeits- und Herdraum, 29 fanden Speise- und Milchschrank
sowie einige Truhen ihren Platz. Ihre gegenüber dem übrigen Mobiliar oft unver
23 Im Mecklenburgischen Landeshauptarchiv Schwerin, im folgenden abgekürzt LHASch.
(Den Hinweis auf diese Bestände verdanke ich Ulrich Bentzien, Rostock.) Eine zeitgenössi
sche Angabe über das Mobiliar des Bauernhauses in der Literatur fand sich bisher lediglich
bei Ludwig Fromm, Mecklenburg. Ein niederdeutsches Landes- und Volksbild. Schwerin
1860, 64 f.
24 Diese Inventare verzeichnen zwar normalerweise nur die herrschaftliche „Hofwehr“,
d. h. die von der Grundherrschaft dem betreffenden „Hauswirt“ zur Bewirtschaftung der
Bauernstelle übergebenen Gerätschaften. Aus dem 18. Jh. aber fanden sich daneben einige
ausdrücklich gekennzeichnete Gesamtinventare, und im 19. wurde in vielen Fällen auch
die „Überwehr“ bzw. der Privat- oder „Allodial“-besitz des aufs Altenteil ziehenden oder
verstorbenen Gehöftsinhabers mit erfaßt. Außerdem liegt bei Nachlaß Verzeichnissen gelegent
lich ein Blatt bei, auf dem vermerkt ist, was die Witwe als Mitgift in die Ehe gebracht hat.
Diese drei, meist rechtlich streng geschiedenen Bestandteile: Hofwehr, Allodialbesitz und
„Illata“ der Witwe, umfaßten das gesamte, auf dem jeweiligen Bauernhof vorhandene
Mobiliar. So ist in etwa eine Übersicht über die vollständige Möblierung bäuerlicher Haus
halte möglich.
25 Insgesamt wurden für das westmecklenburgische Gebiet bisher rund 700 Inventare
ausgewertet. Aus diesem Material werden hier einzelne Belege pars pro toto angeführt.
26 Nur im Fürstentum Ratzeburg und auf der Insel Poel waren sie persönlich frei. Erst
1821 wurde die Leibeigenschaft in Mecklenburg aufgehoben.
27 LHASch Rep. 92 i (Domanial-Amt — im folgenden abgekürzt DA — Grabow)
Nr. 1746: Gehöft Nr. 1 zu Brunow. Inv. vom 12. Jan. 1732.
28 LHASch Rep 92a (DA Boizenburg) Nr. 105 Fase, c 6.
29 Erst 1792 wurde die Abtrennung des Herdraumes von der Diele behördlich angeordnet.
Vgl. Karl Baumgarten, Das Bauernhaus in Mecklenburg. Berlin 1964, 40.