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Aus allen Erdtheilen.
raum von 43 0 O 0 Acres ein, wovon 1 400 Acres, inmitten
der Stadtgrenzen, für einen öffentlichen Park reservirt find.
Vermöge seiner günstigen Lage ans einem sich gegen den
Hafen sanft abhebenden wellenförmigen Terrain genießt man
von den meisten Punkten ans nicht nur eine prachtvolle
Aussicht auf die reizend gelegene Bai und die das Westyfer
derselben bildende Landzunge, welche die Scheidewand vom
Stillen Ocean herstellt, sondern auch noch darüber hinweg,
ans das Meer selbst und die dasselbe begrenzenden Höhen
züge und Gebirgsketten, wie auch der auf Point Loma am
Eingänge zur Bai errichtete Leuchtthurm (450 Fuß hoch
und der zweithöchste auf der Erde) eine große Anziehungs
kraft ausübt.
Die Auslegung der Stadt ist quadratmäßig rechtwinkelig
mit Straßen von 80 bis 100 Fuß Breite, wovon die im
Gcschäftstheile von Norden nach Süden laufenden numerirt
und die dieselben kreuzenden alphabetisch geordnet sind. Der
Plan der Auslegung der Stadt ist für die Aufnahme von
wenigstens einer halben Million Menschen berechnet und
umfaßt einen Raum von 10 englischen Quadratmeilen.
Was an städtischen Einrichtungen zum Nutzen, Gedeihen
und zur Annehmlichkeit der Bewohner gethan werden konnte,
wurde nicht unterlassen, und haben dieselben mit dem Wachs-
thume der Stadt gleichen Schritt gehalten. Die Stadt
besitzt eine freie Bibliothek, organisirte Feuerwehr, Gas-
und elektrische Beleuchtung, ausgedehnte Telephonverbin-
dungen, eine gute Wasserleitung und wird in Kürze mit
dem Ban der Kanalisation (Sonors) begonnen werden,
wofür 400 000 Dollar verausgabt werden sollen. Wenn
man des Abends die Hanptgcschäftsgegcnd, die Fünfte Straße,
durchwandert und das Leben und Treiben in derselben be
obachtet, dann kommt man in die Versuchung, zu glauben,
man befinde sich in einer der Hauptgeschäftsstraßen einer
Stadt von mindestens der dreifachen Bevölkerung, wie sie
San Diego zu verzeichnen hat. Die Stadt hat gute Volks
schulen, sowie höhere Bildungsanstalten; zwei Theater, ver
schiedene Fabriken und viele Hotels, wovon einige eine Zierde
der Stadt sind.
An Verkehrsmitteln ist kein Mangel, denn außer den
verschiedenen Pferdebahnen wird zur Zeit an der Vollendung
einer Dampfstraßenbahn mit voller Kraft gearbeitet, welche
National City und Otay mit San Diego verbinden wird.
Mit dem Ban von zwei elektrischen Bahnen wird in Kürze
begonnen werden, sowie auch eines „Dry Docks“ und
„Marine Railway“ (Trockendocks) und großen Central-
Bahnhofgebündes. Die Bundesregierung hat San Diego
zum Hafenplatz für den Eingang von zollpflichtigen Waaren
bestimmt und demgemäß ein Zollamt hier errichtet.
Unter den verschiedenen religiösen Gemeinden befinden
sich auch eine deutsche Methodisten- und eine evangelisch-
reformirte Gemeinde. Logen und Vereine sind zahlreich
vertreten und steht unter den letzteren als Repräsentant
des Deutschthnms der San Diego-Turnverein oben an.
Folgende Zeitungen erscheinen dort: „8an Diego Union“
und „The Bee“, sowie seit Kurzem „The Daily News“
(Morgenblätter), „The Daily Sun“ und „The Daily San
Diegan“ (Abendblätter), „Golden Era Magazine“ und
„Semi Tropic Planier“ (monatlich), sowie die „Süd-
California Deutsche Zeitung“ (wöchentlich).
Die Zukunft der Stadt ist eine glänzende und wird sich
die Einwohnerzahl jedenfalls von Jahr zu Jahr verdoppeln.
San Diego wird ohne Zweifel eine Großstadt und be
deutender Mittelpunkt des Handels werden. Die Bai und
der an der östlichen Grenze des Countys entlang laufende
und für Dampfer fahrbare Colorado-Fluß, sowie die ver
schiedenen Eisenbahnen bieten der Stadt ausgezeichnete
Transportwege zu Wasser und zu Lande. Das County
enthält 15 000 Quadratmeilen Land, welches zum Anbau
von Weizen, Gerste, Hafer, Kartoffeln, Gemüse, Orangen,
Citronen, Oliven, Wein, Rosinen, Birnen, Pflaumen, Aepseln,
Kirschen, Wallnüssen, allen Arten Beeren u. s. w., sowie
für Schaf- und Bienenzucht ausgezeichnet ist.
Aus allen
A s i e n.
— Wie langsam sich der Orient verändert, wie fest er
an mancher alten Sitte hält, dafür finden wir in Gnthe's
„Palästina in Wort und Bild" einige interessante Beispiele,
zunächst in einem Hochzcitsbranche der lateinischen
Christen in Sidon (Bd. II, S. 66 ). Die Braut wird
von allen geladenen Männern und Frauen zu beut Hanse
des Bräutigams geleitet, und in den Straßen, die der Zug
berührt, sprengt man als freundliche Begrüßung Orangen
wasser ans die Theilnehmer. Aber nur zögernd darf sich die
Braut ihrer zukünftigen Wohnung nähern; lilehr als einmal
setzt sie den Fuß, wenn sie zwei Schritte vorwärts gethan hat,
wieder zurück und stößt dabei einen lauten Seufzer aus, als
ob sie das nahe Ziel nicht herbei wünsche, sondern fürchte.
Sobald sie die Thür des Hauses erreicht hat, klebt sie eine
Hand voll Teig und einen Granatapfel darüber. Jeder übt
gewissenhaft diesen Brauch, aber Niemand vermag ihn zu
deuten. Ulis ist die Verwendung der Granate sofort ver
ständlich: dieser Apfel, das Symbol der Fruchtbarkeit, war
der lebengebenden Astarte heilig. — Aehnliches hat sich im
Libanon erhalten (I, S. 504; II, S. 24). Etwa eine Stunde
E r d t h e i l e n.
vom Dorfe Rndschar am südlichen Abhange des Hermon
stehen nahe bei einander vier oder fünf große Bäume, die
von den nusairischen Einwohnern „Schadscharat el- Aschara"
oder „Bäume der Aschara", d. h. der semitischen Göttin und
Genossin des Baal, genannt werden und zu der Gattung der
in Syrien nur selten vorkommenden Acacia alhida gehören.
Auch die Muslimen halten diese Bänme heilig. Daß unter
Aschara wirklich eine Göttin zu verstehen ist, beweist eine
andere Aussage der Einwohner von Radschar, wonach jene
Bäume „lis-Sitt il-Kebiri", „der großen Frau", gehören.
Eine zweite Gruppe solcher Bäume findet sich in der Nähe
des ans Befehl des Kaisers Konstantin zerstörten Vcnnstempels
beim Dorfe Afka, an dessen Stelle ursprünglich ein Heiligthum
der phönikischen Astarte gestanden hatte. Diese „Sitt el-Kebiri"
oder „große Frau" findet man überall im Libanon wieder.
Die Einwohner, selbst Christen, weihen ihr noch Gelübde
und hängen als deren Zeichen Tücher, Lappen und Lampen
au den Bäumen ans, die ihr geheiligt sind. Das sind Reste
des alten Dienstes der weiblichen Göttin, die neben dem Baal
angebetet und unter verschiedenen Namen (bei den Phönikicrn
Astarte, Baalat oder Baaltis, im südlichen Kanaan Aschcra)
bei den Völkern Syriens verehrt wurde.
Inhalt: Cagnat's und Saladin's Reisen in Tunesien. XIII. (Mit sechs Abbildungen.)-— Otto Genest: Kapitän Jacobsen's
Besuch bei den Koreanern. II. (Schluß.) — Dr. C. Keller: Die Kolonisationsversuche in Madagascar. I. — Das Aufblühen
von San Diego in Süd-Californicn. — Aus allen Erdtheilen: Asien. (Schluß der Redaction am 15. Juli 1887.)
Redakteur: Dr. R. Kiepert in Berli», S. W. Lindenstraße 11, 111 Tr.
Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Vraunschweig.