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H . Sdl . : Deutsoh - Südwestaf rika im Jahre 1902 .
Vermessungsarbeiten , und zwar nicht nur bei verkauften Farmen , sondern auch bei einer Anzahl von Heimstätten in und um Klein - Windhuk . Ebenso hat die South African Territories Company einen eigenen Landmesser angestellt , dessen Arbeiten indes , gleich denen seiner Privatkollegen , vor der Genehmigung einer Revision im Bureau der Regierungsvermessung unterzogen werden . Daselbst findet auch die rechnerische und kartenmäfsige Bearbeitung der von den staatlichen Landmessern genommenen Aufnahmen statt .
Mit lebhafter Freude hat man in der Kolonie , wie im Mutterlande den Ausbau der Mole bei Swakop - mund begriffst . Der sehr vorsichtig und solide richtete Damm läuft 375 Meter ins Meer hinaus bis zu einer Tiefe von 5 m unter Niedrigwasser und bietet den ladenden und löschenden Leichterfahrzeugen vollständigen Schutz gegen die fast das ganze Jahr lang von Südwesten anstürmende Brandung . Auf der inneren oder lichen Seite ist die Mole auf 120 m als senkrechte mauer ausgeführt worden , so dafs die Leichter hier bei jedem Wasserstande direkt anlegen können . Auf dem Kai liegen Gleise , die einen Dampfkran von 5 Tonnen Hebekraft und 5 m Ausladung , sowie einen kran von 11 / . ¿ Tonnen Hebekraft und ebenfalls 5 m Ausladung tragen , wodurch ein schneller und bequemer Überhub der Güter auf die Hafenbahn vermittelt wird . Diese bringt die Lasten zum Bahnhof , von wo sie ohne Umladung ins Innere gehen . In gleicherweise vollzieht sich umgekehrt der Transport der zur Ausfuhr stimmten Kolonialprodukte . Um die Leichter schnell und sicher aus dem Hafen an die Seeschiffe und zurück zu bringen , ist ein kleiner , aber kräftiger Schleppdampfer , der „ Pionier“ , eingestellt worden , der bei unruhigem Wetter auch den Post - und Passagierdienst übernehmen muís . Am Molenkopfe brennt nachts ein rotes Ilafen - feuer , das im Verein mit dem neuen stattlichen turm , auf dem ein weifses Blinkfeuer brennt , die steuerung von Swakopmund wesentlich günstiger staltet hat .
Nach Vollendung der Bahn hat man sehr bald an eine Erweiterung des Schienenstranges gedacht . Namentlich steht zur Zeit eine Anschlufslinie von Kari - bib nach den Otaviminen im Vordergrund des esses . Deshalb wurde der jüngst publizierte Entscheid der Otavigesellschaft für diese Strecke allgemein mit friedigung aufgenommen . Es gibt indes Leute , die sich an der Klausel stofsen , dafs durch diese Bahn „ kurrenzprojekt von dem portugiesischen Hafen Port Alexandre durch den nördlichen Teil des Schutzgebietes“ nach Balowajo nicht beeinflulst werden soll“ . Was heilst das ? —• Über die Octavminen selber hören wir , dafs besonders der Erzkörper von Tsumeb eine sehr lohnende Ausbeute verspricht . Das für die arbeiten nötige Wasser hofft man aus dem Otjekotosee , ungefähr 20 bis 22 km von Tsumeb , entnehmen zu können . Auch an Feuerungsmaterial und Bauholz soll kein Mangel sein . — Zur Erschließung der mutmafs - lichen Diamantenfelder hat sich im Jahre 1902 das Gi - beon - Syndikat gebildet , in dessen Konzessionsgebiet der begehrte „ blue ground“ und „ yellow ground“ an destens sechs Stellen sicher nachgewiesen ist . Die von wandfreien Kennern , darunter die geologische anstalt in Berlin , abgegebenen Gutachten lauten dahin , dafs die aus den bezeichneten Fundstellen entnommenen „ Diamant - Muttererden“ von gleicher Beschaffenheit sind wie im Kimberleybezirk . — Der Mineralreichtum der Kolonie hat übrigens im vergangenen Jahre noch etliche andere Unternehmungen erstehen lassen , die aber meistens noch nicht über das Entwickelungsstadium hinaus sind ,
in dieser „ Rundschau“ also besser ungenannt bleiben . Von hervorragender Güte scheint das bei der Farm Etu - sis entdeckte Marmorlager zu sein , dessen Wert selbst im Reichstage lobend erwähnt wurde , und zwar nicht blofs von kolonialfreundlicher Seite .
Ungeachtet dieser erfreulichen Aussichten dürfen es jedoch niemals vergessen , dafs die Hauptbedeutung unseres Südwestafrikas auf einem anderen Gebiete liegt , und das ist die Viehzucht . Dia Rinderherden werden nach wie vor den gröfsten Reichtum des Landes machen , auch dann , wenn sich allmählich die Haltung von Woll - und Schlachtschafen , Angoras , Schweinen , Pferden , Hausgeflügel und Straufsen in denkbar testem Umfange eingebürgert haben wird . Da diese arten sich aber nur auf räumlich mehr oder minder schränkten Gebieten mit Erfolg fortbringen lassen , so können sie an wirtschaftlichem Werte in keinem Falle mit den Rindern konkurrieren , zu deren Zucht fast das gesamte Schutzgebiet unbeschränkt offen steht . Eine redende Illustration hierzu bildet die der letzten „ schrift“ beigelegte „ Wirtschafts - und Verkehrskarte“ , auf der man mit Leichtigkeit die für die jeweiligen Zuchten geeigneten Gebiete abzulesen vermag . Leider sind Rinderpest und Texasfieber mehrfach wieder aufgetaucht , waren indes durch Absperrung und Impfung bald zu sticken , ohne dafs ernstliche Verluste entstanden . Die mit dem Vorjahre eingeführte Neuordnung des wesens äufserte also die erspriefslichsten Wirkungen . In Outjo , Omaruru , Gibeon und Keetmanshoop bestehen jetzt bakteriologische Institute , denen als fünftes das von Gammans beigesellt ist . Zur Aufbesserung der Bestände wurden Zuchtstiere aus Simmenthal , dem Pinzgau und dem Vogelsberge eingestellt , mit denen sich brauchbare Resultate ergaben . Ein gleiches geschah für die Pferde - und Schweinezucht durch den Import von Ebern und Hengsten .
Gegen die Menschenblattern suchte die Verwaltung durch eine im steigenden Umfange angeordnete nation mit Nachdruck anzukämpfen . Im November 1902 brachte ein einziger Wörmanndampfer 4500 Portionen Lymphe herein , die alsbald an die Hauptorte des Landes zur Verteilung gelangten . Die von Kapstadt drohende Pestgefahr wurde durch einen energischen dienst von unseren Grenzen fern gehalten . Zur rottung der Malaria schlug man die von R . Koch pfohlene Methode ein , erreichte jedoch bei der wenig sefshaften Lebensweise der Eingeborenen unter diesen nicht immer die gewünschte Wirkung . Der Typhus in Swakopmund dauerte leider noch fort , obschon durch die anderweitige Ordnung des Abfuhrwesens ein gehen der Epidemie nicht zu verkennen war .
Nunmehr kommen wir dazu , über die Entwickelung von Feld - und Gartenbau in der Kolonie das Nötige sagen zu dürfen , also über eine Frage , die für die Existenz der Bewohner von allerhöchster Wichtigkeit ist . Gute Fingerzeige giebt uns wieder die schon erwähnte „ Wirtschaftskarte“ , die z . B . die Strecken verzeichnet , wo Getreidebau herrscht , wo Tabak und Baumwolle bereits vorhanden sind , und wo eine rationelle Kultur des Weinstockes begonnen ist . Eine Anmerkung in der „ Legende“ sagt ferner , dafs im allgemeinen sämtliche Flufsufer den Garten - , Acker - und Weinbau zulassen , ihn stellenweise auch schon besitzen . Gezogen werden alle heimischen Gemüsearten , Kartoffeln , Mais , Kürbis , Kafferkorn , Dattelpalmen und die verschiedensten bäume und Südfrüchte . Der Tabak hat gegen früher eine gute Ernte geliefert und namentlich bei den gewanderten Buren schnellen Absatz , gefunden . Die Weinlese von 1901 / 1902 erstreckte sich in Klein -