Menschenschädel als Trinkgefässe .
31
Schatz ein Trinkgefäss gearbeitet aus dem Schädel seines Bruders . „ Dieser Schädel — nach Entfernung des Hirns und der übrigen Teile — war innen sehr glatt und der Rand seines Umfangs war in sehr schön gearbeitetem Golde gemacht , und der Schädel besass die äussere Haut ( cuero superior ) mit den sehr glatten ( muy llanos ) und schwarzen Haaren , die in der Weise behandelt waren , dass sie sehr fest an dem Gefässe ( vaso ) sich befanden , aus dem Atabaliba an den Pesten zu trinken pflegte , und das war eins - der kostbarsten Kleinodien seiner Kammer und Schätze und stand im grössten Ansehen . "
Mehrfach werden Chacovölker als mit dem Schädelbecher wohl vertraut angeführt , und wiederholt ist das Zeugnis des Missionars Martin Dobrizlioffer dafür angeführt worden , dem wir das klassische Werk über die Abiponer in Paraguay verdanken1 ) . Er erzählt , wie grausam sie mit ihren gefangenen Feinden verfahren und wie es ihre erste Sorge ist , ihnen mit Fischkiefern , Muscheln oder scharfen Steinen den Kopf abzuschneiden , diesen als Trophäe nach Hause zu bringen , dort zu skalpieren und zubewahren . Dann fügt er hinzu : „ Sie behalten auch zuweilen den schädel der Erschlagenen , das ist dasjenige Bein vom Schädel , das man die Hirnschale zu nennen pflegt , auf , um bei den öffentlichen Trinkgelagen daraus zu trinken . "
Aus dem äussersten Süden des Erdteils haben wir endlich die Arau - kaner zu erwähnen , welche unser Gerät kannten . Der Abbé Molina2 ) erzählt , wie dieses kriegerische Yolk seine gefangenen Feinde grossen Qualen und Martern aussetzte , ehe es sie erschlug . „ Ist der Hirnschädel des Erschlagenen nicht völlig zerschmettert , so bedient sich die schaft desselben zum Trinkgeschirr . "
Überschauen wir nochmals das ganze Gebiet , wo der Schädelbecher vorkommt , und suchen wir nach den Beweggründen , die zur Herstellung und Benutzung führten . Dass sie schon in der frühesten Zeit des Menschengeschlechts in Europa vorkamen , in einer Periode , die noch kein Töpfergeschirr kannte , ist durch den Nachweis der Schädelschalen im Quartär erbracht . Die weite Verbreitung heute und in geschichtlicher Zeit ist dann sicher an zahlreichen Beispielen nachgewiesen ; alle Erdteile sind dabei beteiligt , und in allen dauert der Brauch bis heute fort . Doch kann man keineswegs sagen , dass er , von der geschichtlichen Zeit gefangen , ein allgemeiner gewesen sei ; dazu reichen die oft mühsam sammengebrachten Belege nicht aus . Auch lässt sich selbstverständlich mit der zunehmenden Kultur ein allmähliches Schwinden des Brauchen
1 ) Geschichte der Abiponer ( Wien 1783 ) 2 , 548 . 349 .
2 ) Geschichte der Eroberung von Chili ( Leipzig 1791 ) S . G6 .