Berichte und Bücheranzeigen .
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stattung , Auszahlung der Mitgift in Geld werden erst in neuerer Zeit bei den reicheren Bauern Brauch , da vor allem die neue Arbeitskraft in der Braut geschätzt wird . Ehebündnisse werden oft schon von den Eltern minderjähriger Kinder geschlossen ; so übergab ein Bauer dem andern ein Feld zur Benutzung unter der Bedingung , dass jener seinen Sohn mit seiner Tochter verheiratete . Die früh witwete Frau oder ihre Eltern fordern von der Familie ihres Mannes eine schädigung für die dort abgearbeitete Zeit . Stellung des zugeheirateten sohnes ( S . 31 ) , fremder , an Kindes Statt angenommener Kinder und in die Familie aufgenommener Mitarbeiter ( 'sdolnik' ) . Es genügt nicht blosses Geburtsrecht auf den Boden , sondern dieses Recht muss erst durch Arbeit erworben werden . Söhne , die längere Zeit als Soldaten gedient haben , verlieren das Anrecht auf den väterlichen Grund ( S . 44 ) . Teilung des väterlichen Grundbesitzes unter die Söhne und deren Ursachen ( S . 48 ) , Erbrecht der einzelnen Familienmitglieder . Alles das wird mit Gerichtsurteilen belegt . In dem Aufsatze 'Die weissrussische Hochzeit' ( S . 61—14G ) bearbeitet der Vf . grösstenteils eigenes Material , und zwar vom gleichenden ethnologischen Standpunkt , bestrebt 'die weissrussischen , und folglich überhaupt die russischen Gebräuche in die Sphäre der verwandten germanischen Gebräuche einzuführen' . Er vergleicht die entsprechenden Gebräuche aller europäischen Völker , auch der Inder , in ziemlich ungenügender Weise jedoch die anderer slawischer Völker , z . B . der Polen , die doch einen ungemeinen Einfluss auf die westrussischen Völkerstämme ausübten , u . a . Er beschreibt die Vorbereitungen zur Hochzeit , die Brautwerbung , Reste der Raubehe im Hochzeitsritual ( S . 68 ) , die 'Morgengabe' der Braut , ihr ritueller Tanz , Überbleibsel des Hetärismus , die gewöhnliche Jahreszeit für die Hochzeit , Gebräuche bei der Verlobung ( S . 84 ) . Der Mittelpunkt des Hochzeitszeremoniells ist der sog . 'posad' des Bräutigams und der Braut ( S . 97 ) , ein vorzugsweise weissrussischer Brauch , ohne Entsprechung bei den anderen slawischen oder überhaupt den arischen Völkern . Er besteht , abgesehen von örtlichen Verschiedenheiten und Abschwächungen , darin , dass der Bräutigam und die Braut im Kreise ihrer Familie sich auf den mit einem Pelz u . a . bedeckten Backtrog setzen , dem Bräutigam die Haare geschoren oder mit der weihten Kerze angebrannt werden . Dieser Zeremonie dürfen sich Bräutigam und Braut nur dann unterwerfen , wenn sie ihre Keuschheit bewahrt haben . Es ist wichtig , dass auch der Bräutigam rein und keusch ist wie die Braut , sonst würde er nach dem Volksglauben im Leben vom Unglück verfolgt werden . Der Vf . zieht die mit der Haarschur verbundenen Gebräuche anderer Völker zum gleiche heran und kommt zu dem Ergebnis , dass dieser Brauch bei den russen deswegen mit der Hochzeit verbunden wurde , weil diese die geschlechtliche Reife des Burschen und des Mädchens dartat . Ferner erkennt der Vf . in den begleitenden Zeremonien Reste des Kultus des Hausherdes und der Ahnen ; einige dieser mit dem 'posad' der Braut verbundenen Bräuche werden genauer sucht ( S . 121 ) , so das Abschneiden der Haare , das Sitzen auf einem umgekehrten Schafpelz , womit der Backtrog oder die Bank bedeckt ist , und die Verhüllung des Kopfes , ausserdem noch die Bedeutung der roten Farbe im Hochzeitsbrauch ( S . 139 ) . Hieran schliessen sich noch andere Aufsätze über die Bedeutung des Hochzeitsbrotes und der damit zusammenhängenden Gebräuche und Lieder ( S . 146 bis 158 ) , Hochzeitslieder der Bevölkerung des Kreises Pinsk ( S . 353—383 ) , darin Nachklänge des Brautraubes ( S . 363 ) neben viel schwächeren Erinnerungen an den Brautkauf ( S . 369 ) , Sonne und Mond in den weissrussischen Hochzeitsliedern ( S . 346—352 ) . Der Vf , der eine eigene Sammlung der Volkslieder aus dem Pinsker Kreise herausgegeben hat , stellt noch einen Aufsatz über das Los des