Menschenschädel als Trinkgefässe .
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Schalen umgeformte Schädel fand1 ) , deren einer die als Amulette deuteten Rondelles aus Schädelknochen enthielt , kam die Frage in der Pariser Anthropologischen Gesellschaft2 ) zur eingehenden Besprechung , und hier war es besonders Broca , der genau alle die Merkmale feststellte , welche eine künstliche , durch Menschenhand bewirkte Bearbeitung zeichnen . Danach ist auch bei den anderweitig gefundenen und hier erwähnten prähistorischen Schädelbechern nicht an deren absichtlicher Herstellung zu zweifeln .
Schädel und Gefäss in sprachlicher Übereinstimmung . Wenn uns die prähistorische Forschung zeigte , dass in Urzeiten der Menschenschädel , oder vielmehr die 'Hirnschale' als Gefäss gedient hat , so bietet uns hierfür die Sprachwissenschaft weitere Bestätigung . Die sprachlichen Übereinstimmungen zwischen beiden sind schon lange bemerkt worden . Der Missionar Dobrizhoffer , welcher unter den Abiponern in Paraguay im 18 . Jahrhundert tätig war , bemerkt bei Gelegenheit ihres Brauches , aus den Schädeln der Feinde Trinkbecher zu machen , folgendes3 ) , nachdem er darauf hingewiesen , dass dieses auch anderweitig vorkomme : „ Daher mochte Calepinus Anlass genommen haben , bei dem Worte Cranium anzumerken , dass es die Hirnschale und zugleich auch eine Art Becher bedeute , welche einer Hirnschale ähnlich sieht . Way erlink hielt diejenige Art von Trinkgeschirren , welche die Deutschen Topf ( vielleicht war der alte Ausdruck Kopf ) und die Franzosen coupe nennen , für eine Spur des alten Gebrauchs , wonach man sich der Hirnschalen statt der Becher bediente . "
Damit hat der mir nicht weiter bekannte Wayerlink das Richtige troffen , und die Gleichung Schädel und Trinkgefäss ist dann später holt betont worden , so von Adalbert Kuhn4 ) . Zusammenfassend sa«t dann 0 . Schräder5 ) : „ Merkwürdig ist , wie häufig in den schen Sprachen neben Gefässnamen stammgleiche Ausdrücke für Kopf ( Geschirr ) und Schädel liegen . "
Er führt solche Gleichungen aus dem Altnordischen , Gotischen , Litauischen , Sanskrit usw . an . Aber auch in jüngeren Sprachperioden sind solche Gleichungen vorhanden : französisch tête , Kopf , ist aus lateinisch testa , Geschirr ; hochdeutsch Kopf aus lateinisch cuppa , Becher , gangen . „ Dass sich diese beiden Begriffe in der Phantasie der den so nahe rückten , mag darin begründet sein , dass bis in ziemlich späte
1 ) Bull . soc . d'Authrop . 1868 , p . 319 .
2 ) Bulletin 1874 , p . 185—189 .
8 ) M . Dobrizhoffer , Geschichte der Abiponer . Aus dem Lateinischen von A . Kreil . % 549 ( Wien 1783 ) .
4 ) Zeitschrift für Ethnologie 1877 , Verhandlungen S . [ 489 ] .
5 ) Keallexikon der indogermanischen Altertumskunde 1901 S . 277 .
Zeitschr . d . Vereins f . Volkskunde . 1912 . Heft 1 . 2