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von Negelein :
Volksbräuche . — Man darf die Füsse eines Menschen nicht „ anfegen " , sonst wird er krank . 1 ) In Slavonien sagt man : Willst du dich jemandes für immer entledigen , so lade ihn zu dir ein , bewirte ihn und sobald er fort ist , kehre die Stube hinter ihm aus . 2 ) An dem Tage , an welchem der Hausvater verreist , darf man die Stube nicht kehren , sonst kommt er nicht zurück oder es trifft ihn ein Unglück . 3 ) Am Marthatage ( ersten März , der für Frühlingsanfang gilt4 ) fegt man in Bulgarien das Haus sehr sauber aus , um es vor den vielen bösen Geistern das Jahr hindurch zu schützen . 5 ) Nach Sonnenuntergang soll man daselbst den Schafstall nicht fegen , sonst erkranken die Tiere , d . h . ihre Spur wird zugleich mit dem Mist den Nachtdämonen überliefert6 ) ; nach Berliner Aberglauben bindet man einen Besen au den Fuss und zieht ihn so um den ganzen Garten herum . 7 ) Hier ist die rationalistische Erklärung , dass es sich um ein einfaches Ausfegen von Raupen handele , nicht angebracht . Die Insekten sind für den Volksglauben stets Geister , Elben , die man bespricht , schwört , wie Menschen und Ahnen mit Milch und Butter speist und sogar enthauptet . 8 ) So will man hier ihre Spuren , nicht sie selbst vernichten . Zugleich spielt das Ziehen eines geweihten Kreises die landesübliche Rolle .
Genau analog ist die Behandlung des Toten . In meiner ostpreussischen Heimat wird , wenn der Tote „ auf halbem Wege " ist , das Haus sorgfältig gereinigt und der Kehricht weggetragen ; auf halbem Wege sucht man ja , wie erwähnt , die Entfernung des Toten auf jede mögliche Weise zu reichen . — Wenn nach beendigter Totenmahlzeit der altslavische Priester die Geister der Verstorbenen aus dem Hause treiben will , so fegt er das Haus aus . 9 ) Auf Glasinar und in Gacko wird das Haus gekehrt , sobald der Tote zur Bestattung gehoben worden ist . Der betreffende Besen wird verbrannt . 10 ) Es ist in Bulgarien verboten , die Thürschwelle zu kehren ; sonst werden dem Mädchen , dass dies Gebot übertritt , die Brüste gross , was als unschön gilt . 11 ) Die Thürschwelle ist sehr häufig der Wohnsitz der Seelen , die unter dem Eingang zum Hause gedacht werden — von Indien bis Deutschland hin . 12 ) Am Tage nach dem Tode eines angehörigen wird in Bulgarien das Haus gefegt und gereinigt , „ damit das Glück von neuem einziehe " . 13 ) Nach abgehaltenem Totenmahl fegt in Samogitien der Priester die Stube , um die vorher gesättigte Seele zu
1 ) Mecklenburgischer Aberglaube ( Privatinformation ) . — 2 ) Unsre Zeitschr . f .
kunde 1 , 152 . — 3 ) Strausz , Bulgaren , 282 . — 4 ) Also wieder der Zusammenhang der
Geister mit dem Jahreskreislauf ! Siehe im vorigen . — 5 ) Strausz 335 . — 6 ) Ebenda 286 .
— 7 ) Ztschr . f . Ethnol . 15 , 93 . — 8 ) Bezüglich des letzteren ist der mir bekannte aber
gläubische Gebrauch interessant , dreimal mit der Sichel über das Kornfeld zu schlagen ,
um Raupen zu vertreiben . Hier sollen offensichtlich die Geister der Raupen , die
menschenähnlich gedachten Dämonen , enthauptet werden . — 9 ) Tylor 2 . 39 . — 10 ) Lilek
a . a . 0 . 407 . — 11 ) Strausz 299 . — 12 ) Die Belege hierfür werden in einem späteren Aufsatz
folgen . — 13 ) Strausz 451 .