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Objekt: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, N.F. 13=23.1893

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worauf die Ränder der Figuren mit einem scharfen Instru- 
mente nachgebessert wurden, Das Ornament ist sehr zierlich 
and ziemlich symmetrisch, doch zeigt seine Ausführung keine 
sichere und geübte Hand. 
Vor einigen Jahren wurde auf diesem Hradist& ein aus- 
gehöhltes, massives Steingefäss gefunden, dessen Zeichnung 
and Dimensionen mir Herr FErRDINAND A, GRAF ZU TRAUTTMANS- 
DOoRFF freundlichst zusendete (Fig. 16). Dasselbe besteht aus 
Granit und ist stark verwittert; die Höhlung ist elliptisch, 
der kleine Boden flach; Höhe des Gefässes 13 cm, des Fusses 
3 cm, der inneren Höhlung 8 cm, grösster Durchmesser oben 
21 cm, der Oeffnung 15 cm, Durchmesser des inneren Bodens 
10 cm, Wanddicke 3 cm. 
Resultate. Dieses Hradist& gehört zu den Jüngeren. 
stark befestigten Wallburgen Böhmens und scheint, 
wenigstens während einer längerer Zeit, nicht besiedelt 
gewesen zu sein. Es dürfte jedoch in heidnischer Zeit 
als eine geheiligte Stätte benützt worden sein, wofür 
nicht nur das beschriebene Steingefäss, das als Opfer- 
gefäss anzusehen wäre. sondern auch der Umstand 
Fig. 16. Gefäss ans Granit, 1/, nat, Gr. 
A 
spricht, dass man hier vor Zeiten beim Ackern auf 
den tieferen Gehängen des Berges verkohlte Eichen- 
stämme von verschiedenen Dimensionen vorfand. 
Sicher ist, dass man hier gegen Ende .der heidnischen 
Zeit, also in der zweiten Hälfte des XI. Jahrhundertes, 
wie dies die bei dem Skelete vorgefundene Münze, 
welche noch nicht mit der Krone des Königs 
Vratislav II. (1086—1092) geziert ist, beweist, die 
Verstorbenen (wahrscheinlich des uralten slavischen 
Ortes Stitary) beerdigte. Die Bestattungsweise und 
die Beigaben (Schläfenringe, Münze in der Hand) 
stimmen vollkommen überein mit dem von mir im 
Jahre 1882 !) beschriebenen Gräberfelde bei Schütten- 
hofen. Dieser Gebrauch war übrigens in Böhmen, 
wie dies die in den letzten Jahren gemachten Er- 
fahrungen darthun, sehr verbreitet. Derselben Zeit 
gehören wohl auch die übrigen, hier im zweiten 
Graben gemachten Funde an, mit Ausnahme der 
Münze aus dem XVI. Jahrhunderte, welche wohl 
später zufällig auf den Berg gelangte. Anlässlich 
1) WorDkicH, Slovansk6 pohrebist& u Sußice, (Pamätkı 
arch6olog., Prag 1882, Bd. XII, Heft 1.) 
ler in diesen Gegenden von Baiern her erfolgten 
Verbreitung des Christenthums dürfte der die Ab- 
ıänge. bedeckende Eichenhain durch Feuer ver- 
ılchtet und an der Stelle der heidnischen Begräb- 
nissstätte eine Kirche gebaut und ein christlicher 
Friedhof errichtet worden sein. Dieser alten Kirche 
mag die beschriebene verzierte Thonplatte angehört 
haben. Eine derartige Wandlung alter heidnischer 
Stätten ist in Böhmen nicht selten anzutreffen. 
II. Funde in Wallbauten. 
Hradist& Drevie. 
In Gesellschaft des fürstlich Schwarzenberg’schen 
Güterdirectors Herrn OLscHBAUER in Citolib besuchte 
ich im Jahre 1891 die genannte, schon lange bekannte 
Wallburg, deren Name der Geschichte angehört. Nach 
Josmas‘) hat sich Fürst Odalrich (Oldfich) dieser 
iusserst festen Burg bemächtigt. Wocz””) gibt auf 
Grundlage der Berichte von Bauxss eine ziemlich 
ausführliche Beschreibung dieser südlich von Laun, 
zwischen Vinafic und RoCov, auf einem hohen Berg- 
rücken gelegenen Wallburg. Der gegen 4 m hohe Wall 
zieht sich im Norden und Osten um die ausgedehnte 
ebene Burgfläche herum und besteht nach Wockr 
zus Erde und Schiefergerölle; im Westen fällt der 
Zergrücken steil ab und es entfiel hier die Noth- 
vendigkeit einer Befestigung. An einer frischen 
Jurchbruchstelle im östlichen Walle, die etwa 0:5 m 
ief ging, fand ich, dass hier der Wall aus sandigem 
‚ehm bestand; gegen den Grund desselben zeigte 
sich Asche. Eine nähere Untersuchung des Walles 
wäre sehr wünschenswerth; ich hatte hiezu leider 
ıicht die nöthige Zeit. Im Nordosten führt ein 
zurzer Doppelwall zu einem Brunnen. Im Süden 
»iegt der Wall schlingenförmig nach innen um und 
ässt zwischen dem westlichen Abfalle nur einen 
ıchmalen Zugang offen, der vielfach als „Eisernes 
Chor“ bezeichnet wird. Ohne Zweifel befand sich 
ıer ein befestigter Zugang; allein an die Existenz 
»ines Thores aus Eisen ist hier wohl nicht zu denken. 
Mir wurde der gegenüberliegende hohe Felsen als 
„Eisernes Thor“ bezeichnet. Gegenwärtig steht in 
der nordwestlichen Ecke der Wallburg ein Jägerhaus 
und östlich von diesem eine Capelle des heiligen 
Wenzel (im Renaissancestil) erbaut. 
1) Cosmas, I, 70, ad ann. 1002. „Dux Odalricus rediens 
ad patriam, intrat munitissimum castrum nomine Drevic ete.“ 
2?) WocerL, Pravök, S, 429—431, Siehe auch Pamätky 
arch.. YIL S. 604
	        
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