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Objekt: Globus, 57/58.1890

Mit besonderer Derurbsrchtrgnng der Ethnologie, der RulturberhLltnisse 
und des Welthandels. 
Begründet von Karl Andrer. 
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von 
Dr. Emil Deckert. 
o\ r y Jährlich 2 Bände in 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 1 oqa 
•O i U U 11 | Cy U) C l Q zum Preise von 12 Mark für den Baud zu beziehen. * 
Der Kampf um die Eisenbahnbrücke des Amu Darja. 
Von Staatsrath Dr. O. Hey selber. 
Wie der Gelbe Strom in China sein Bett im Ver 
laufe der Jahrhunderte launisch verändert hat und dann 
wieder zu seinem alten Laufe zurückgekehrt ist, so hat auch 
der Opus in historischer Zeit seine Stromrichtung wieder 
holt gewechselt. Er hat sich ins Kaspische Meer ergossen 
und dann zeitweilig im Aralsee geendigt. Er hat hierauf 
seine frühere Richtung zeitweilig wieder eingeschlagen und 
ist erst in neuerer Zeit definitiv auf seine zweite Bahn, mit 
der Mündung in den Aralsee, zurückgekehrt. Außer diesen 
großen Veränderungen aber wechselt er beständig in gerin 
gerem Maße sein Bett. Es ist das Alles nur möglich, 
soweit diese Flüsse aus den Gebirgeu herausgetreten und sich 
im Lehmboden oder in Löß-Auhäusnngen weiter bewegen, 
denn nur in diesem weichen, steinlosen und doch gleich 
mäßig konsistenten Medium vermag das Wasser, durch einen 
geringen Impuls oder ein kleines Hinderniß veranlaßt, sich 
widerstandslos neue Rinnen zu bilden. Auf den sanft 
vom Gebirge zum Sarafschan oder zur Wüste sich senken 
den Lehmebenen beweisen uns nck oculu8 diesen Vorgang die 
Regenrinnen und Einrisse sowie die tiefen Thäler des 
Tschendyr, Sumbar und Atrck. An den tiefen Durchschnitten 
der Eisenbahn durch die Lößhügel vor Samarkand, an ihren 
seichten Einschnitten durch die Achel-Teke-Ebene sehen wir 
vor unseren Augen, wie an einer einzigen Stelle, wo der 
Rand gelockert, oder wo eine minimale Vertiefung ist — 
beides dem Ange kaum bemerkbar —, der Regen zusammen 
läuft und in wenigen Tropfen herabfällt, dabei einige Lehm 
krumen lösend und mit sich reißend. So entsteht eine kleine 
Rinne, die der nächste Regen vertieft und weiter auf 
wärts in der Fläche reißt. Der kleine Bruch, der durch 
sie bis zum Rande, resp. bis zur senkrechten Wand des 
Globus vvn. Nr. 23. 
Einschnittes fließt, stürzt als Wasserfall zum Grunde, und 
erst, wenn die Gewalt des Wassers nachläßt, fließt er als 
dünner Strahl an der Wand abwärts, eine seichte Rinne 
bildend. Im nächsten Frühjahr sehen wir schon einen 
mehrere Klafter aufwärts gehenden tiefen Bruch in der 
Ebene vor uns und einen nach der Mächtigkeit der Schichte 
zoll-, fuß-, metcr- und klaftertiefen Einriß im Rande. Die 
ganze Lößlage von Kati-Kurgan bis Samarkand ist an 
ihren Abhängen zum Sarafschan in solcher Weise zerklüftet, 
daß die Klüfte wie Laufgräben und Parallelen ans der 
mächtigen Hochebene zum Rinnsal des Flusses vordringen. 
Nach dem 18 Minuten dauernden Platzregen, welcher uns 
am 12. April 1888 in den Kasernen-Waggons Annen- 
kow's bei Siandin überfiel, sahen wir sowohl neue Rinnen 
und Brüche in Unzahl entstanden, als auch einen mächtigen 
Canon in der Nähe des Denkmals der Schlacht von Sary- 
Bulach bedeutend vergrößert. Die Poststraßc mußte lOKlafter 
nach aufwärts ihn umfahren, ans einer Spalte war ein 
Kessel geworden, dessen Tiefe um das Doppelte zugenommen 
hatte. 
Also die stete Neubildung von Rinnsalen in der mittel 
asiatischen Lehmebene ist Regel, somit auch beim Amu 
Darja nicht außer der Regel. Tschardschui, die alte sar- 
tische Stadt, mit dem Sitz eines Begs, befindet sich acht 
Werst westlich vom jetzigen Laufe des Amu Darja. Histo 
rische Nachrichten beweisen aber, daß die Stadt am Fluß 
ufer angelegt war, und die Konformation des Bodens zeigt 
deutlich, daß von Alt-Tschardschui bis Farex auf dem Ost 
ufer man sich im Flußbette des Amu Darja befindet. Es ist 
also in dem letzten Menschenalter der Strom von Westen 
nach Osten vorgerückt. Seit 3 bis 5 Jahren hatte er da- 
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