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Es handelte sich also um keine Direktübertragung aus dem spa-
nischen Original und konnte im Informationsgehalt Ungeneuigkeiten
aufweisen, denn man hatte zudem die Übersetzung "mehr auff
den syn / als die wort geste11t" 16), Unter dem Protektorat
des österreichischen ErzherzogsFerdinand und zu seinen Ehren,
wie in den Vorreden der Übersetzer und des Druckers zu lesen
ist, wurde die Übersetzung angefertigt. Sie stand unter dem
Einfluß feudaler Aufassungen und hatte zum Ziel, “den jheni-
gen / die solch Historien vnnd geschicht sehen / hören oder
lesen / zü güttem Ritterlichen / ehrlichem thün vnna wesen /
allerlay anraitzung vnd ursach" zu geben. Außerdem machte sich
hier eine typische Erscheinung des Renaissance-Humanismus gel-
tend: man verglich die Eroberungsberichte von Cort&s mit vielen
wunderbaren Meldungen aus der Antike, gelangte aber nicht zu
Vergleichen zwischen den verschiedenen Gesellschaftsstrukturer
und noch nicht zu einer Gesellschaftstheorie, Den aktuellen
Wert der Nachrichten und damit die Notwendigkeit, sie mittels
Übersetzungen zu verbreiten, sah man in der angeblichen Helden-
mütigkeit und Vasallentreue des Cort&s dem Kaiser gegenüber,
“der sich weder gefahr / widerwertigkait / noch ichts anders /
von seines Herren beuelch (Befehl, U.S.) abwenden lassen".
Welche Verbreitung diese erste deutsche Cort&s-Ausgabe er-
hielt, bleibt ungewiß, Interessant ist immerhin, daß Carl Wil-
heim Koppe (p. IV) seine 1834 angefertigte Übersetzung der Be-
richte des spanischen Eroberers von Mexiko für die erste deut-
Sche hielt, wogegen er die verschiedenen frühen spanischen Aus-
gaben erwähnte und von der Existenz einiger Ubersetzungen in
andere europäische Sprachen unterrichtet war,
Neben Übersetzungen der Cort&s-Briefe wurden im Deutschland
des 15, bis 18, Jahrhunderts verschiedene Berichte über den
Neuen Kontinent veröffentlicht, die das langsam wachsende In-
teresse an der Natur und Menschenwelt Amerikas befriedigen
Sollten, Berichte von Seeleuten, Soldaten, Händlern, Geistli-
16) Da bei den Werken des 16. bis 18, Jahrhunderts oft für die
Vorreden und einleitenden Briefe Seitenzählungen fehlten,
können die Angaben meist nicht genauer gemacht werden.