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voneinander, indem er jede einem immanenten Entwicklungsprinzip
unterordnete und einzeln in ihrer Entwicklung abhandelte, dabei
aber eine undialektische, evolutionistische Betrachtungsweise
anwendete, Er klammerte dabei die Situation der zeitgenössischen
Indianer völlig aus,
Klemm war einer der ersten deutschen Vertreter der evolutionisti-
schen Schule, deren Anliegen es war, die Einlinigkeit der Mensch-
heitsentwicklung zu beweisen und mittels der Erkenntnisse über
die sogenannten Naturvölker auf den eigenen Naturzustand zu-
rückzuschließen. Anthropologische und ethnographische Besonder-
heiten tat er als unwesentlich ab und unterschied nur nach ak-
tiven und passiven völkermn83), Damit erklärt sich sein Desin-
teresse den zeitgenössischen Indianern gegenüber. "Für seine
passive Menschheit nimmt Klemm eine Evolution an und er 1äßt sie
sich von Wilden über Jäger und Fischer, EFirten und Ackerbauern
zu Städtebauern im Besitz der Schrift entwickeln, Als Beispiel
für letztere nennt er: ‘Ägypter, Inder und Mexiko'"(Newatny,
1951, 47). An Klemm zeigt sich deutlich, wie einseitig Tatsa-
chen zur Begründung vorgefaßter Theorien gewertet werden können,
83) "Es ist nicht die Entwicklung zur Stadtkultur oder die Kennt-
nis der Schrift, die bei Klemm der höchsten Wertschätzung
und des Ehrentitels 'aktiv' für würdig befunden werden, SON-
Aern die Fähigkeit, schlagkräftige Heere aufzustellen und
Staaten zu gründen” (Nowotny, 1961, 47).