Vorwort zur ersten Auflage.
„Wir fühlen uns nicht gedrängt, die lebensfrischen Volks⸗
weisen gesammelt, zu Papier gebracht, ausgetrocknet, wie ein
Herbarium von Alpenpflanzen, auf die Nachwelt zu bringen;
aber verpflanzen möchten wir sie mit der vollen Glut der
Farben, mit dem köstlichen Duft, der ihnen eigen ist, auch
n andere Kreise und Lebensverhältnisse, um der Armuth an
lebensfrischen Melodien aufzuhelfen, und Klänge tiefen Natur—
gefühls und ungetrübter Heiterkeit in musikalische Zirkel ein—
zuführen, die verwöhnt sind, vorzugsweise den Verzerrungen
der Leidenschaften in Tönen und Worten zu huldigen.
Weiland Anton Ritter v. Spaun.
Wir eröffneten die Reihe unserer „Flugschriften
zur Kenntnis und Pflege des Deutschen Volks—
liedes“ mit dem Abdrucke einer wertvollen Gelegen—
heitsschrift über das österreichische Volkslied aus
der Feder des im Sommer des Jahres 1849 verstor⸗
benen, als Mensch und Gelehrter gleich hochstehenden
Anton Ritter von Spaun. Das Andenken dieses
um die Sache des deutschen Volksliedes hochverdienten
Mannes auch der Gegenwart frisch zu erhalten, fügten
wir diesem Aufsatze einen Nachruf auf R.von Spaun,
geschrieben von dem berühmten deutschen Dichter aus
Osterreich, Adalbert Stifter, bei. Beide wertvollen
Schriftstücke wurden hierdurch der unverdienten Ver—
gessenheit entrissen, der sie anheimgefallen waren.
Spaun's Aufsatz war in einem Album aus Oster⸗
reich ob der Enns, gedruckt im Jahre 1843, verborgen
gewesen, und Adalbert Stifter's Nachruf stand in
dem Vergänglichsten, was es auf dem Gebiete des
Schriftthums giebt, in einem Zeitungsblatte Geilage
zu Nr. 311 der „Augsburger Allgemeinen Beitung“
vom 7. November 1849).
Nach dieser, wie wir meinen, würdigen Einführung
unseres Unternehmens brachten wir in Nr. 2 der
Flugschriften unter dem Titel „Liederheft des
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