und Netzwerken aufzufangen (vgl. die Mikroanalyse geteilter Arbeitsplätze bei
Lange/Wellmann 2009).
Im Repräsentationssystem Berlins scheint das Scheitern als Krisensituation
jedoch »kapitalisierbar« zu sein - zumindest im Bereich der Kulturproduktion:
Und so antwortet in dem Moment, in dem die weltweite Finanzkrise auf die be-
ständig krisenhafte wirtschaftliche Lage Berlins trifft, die kanadische, in Ber-
lin lebende Sängerin Peaches provokativ auf die Frage, ob Berlin die Stadt der
Krise bliebe:
»Deswegen sage ich ja: »Willkommen in unserer Welt! Freunde in Lon-
don und überall auf der Welt, ihr habt eine riesige Angst. Aber das, wo-
vor ihr Angst habt, ist hier schon seit Jahren Realität. Man muss sich in
Berlin immer durchschlagen. Und irgendwie hat es immer funktioniert
Wir Berliner könnten die Führungselite der Krise sein!« (Interview Pea-
ches, Spex 20.04.2009)
In diesem zwischen Ironie und ernsthafter Überzeugung schwankenden State-
ment schwingt wiederum das kapitalisierte »Billigimage« der Tourismus-Kam-
pagne »Von Berlin hat man mehr« mit; beides zusammen verstärkt den Eindruck,
dass Krise und Scheitern im stadtpolitischen wie alltagsweltlichen Zusammen-
hang der Kulturproduktion in Berlin als Topoi gelten können, die im Imaginären
der Stadt einen Resonanzboden finden und deshalb im urbanen Imagineering zu
erfolgreichen Repräsentationen von Urbanität führen.!® So gesehen ist es nur fol-
gerichtig, dass eine kulturelle Form des prekären Bohemelebens auch für Stadt-
politik verwertbar und als solche thematisiert wird.
Kurz: »Die einzige Weltstadt, die nicht die Welt kostet« - diese ökonomi-
sche Niedrigschwelligkeit vermittelnde Repräsentation Berlins stellt 1. als Be-
hauptung und Produkt diskursiver Strategien einen Topos der Stadtpolitik und
des Stadtmarketing dar, sie bildet 2. eine Enklave in der Stadtgesellschaft, in der
eine urbane Präsenz in eine (professionelle) Repräsentation als Teil der Stadt
umgearbeitet werden kann, und 3. rahmt sie (diskursiv) einen Raum, in dem
urbane Präsenzen und Repräsentationen zu Partizipation und Identifikation
mit der Stadt führen können. Diese drei »Weltstadtmomente« (Marianne Mül-
ler) muss die Stadtforschung nicht allein begleiten, sondern kritisch beobach-
ten. Die AutorInnen dieses Bandes tun dies mit einem großen Gespür für die
Spezifik Berliner Präsenzen und Repräsentationen und vor allem für ihre Ein-
und Ausschlusskriterien.