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Volltext: Objekt, Bild und Performance

Die Implementierung postkolonialer 
Theorien in die Arbeit ethnographischer 
Museen Europas | Anna Seiderer 
Das Königliche Museum für Zentral-Afrika in Tervuren ist seit Dezember 2013 
wegen umfangreicher Umbauten für mindestens drei Jahre geschlossen. Kö- 
2ig Leopold II. (1835-1909) beauftragte zu Beginn des 20. Jahrhunderts den 
französischen Architekten Charles Girault (1851-1932) mit dem Bau eines 
Museums, um die zahlreichen im Kongo gesammelten Objekte aus seinem 
Privatbesitz aufzubewahren und auszustellen. Das Museum sollte zunächst 
der königlichen und später der belgischen Kolonialpropaganda dienen, denn 
die Sammlungen galten als Schaufenster in die neu eroberten Gebiete Zen- 
ıTral-Afrikas (Van Reybrouck 2012). Im politischen Umfeld des Kolonialismus 
sind in Europa viele ethnographische Museen entstanden und in diesem Sin- 
ne direkte Erben der sogenannten klassischen Ethnographie‘, die sich wäh- 
rend der Kolonialzeit ab 1885 entwickelt hat.? Marcel Mauss zeigte, wie die Ko- 
‚onialpolitik zu wissenschaftlichen Forschungen führte (Mauss 1913, 537-560; 
815-837). Im Rahmen postkolonialer Diskurse wird diese Verknüpfungen von 
wissenschaftlicher Forschung mit politischem Interesse aufgearbeitet (Sturte- 
vant 1968; Clifford/Marcus 1986; Karp/Lavine 1991; Ames 1993; Gorgus 2003). 
Ethnographische Museen besitzen Sammlungen materieller Kultur, die aus 
einer heute umstrittenen, evolutionistischen Perspektive als primitiv betrach- 
tet wurden. Gerade diese ideologische Einstellung wird von den postcolonial 
studies kritisiert. Dadurch wurden in der Folge ethnologische Forschungs- 
paradigmen entwickelt, die zu einer neuen musealen Praxis führten. Dies 
offenbart sich unter anderem in Darstellungsformen, die zur Selbstreflekti- 
on der Institution führten und durch die Aufarbeitung aktueller politischer 
Ihemen, wie Migration, Globalisierung, Integration und einer intensiven 
Zusammenarbeit mit source communities, Diaspora-Gemeinschaften sowie 
zeitgenössischen Künstlern. Der Begriff source communities bezeichnet die- 
jenigen Gruppen, deren Vorfahren oder auch immer noch lebende Mitglieder 
jene Gegenstände produzierten, die heute als Ethnographica in den Museen 
aufbewahrt werden. Häufig waren sie in koloniale Beziehungen eingebunden 
’Peers/Brown 2003). 
Das europäische Projekt Ethnography Museums & World Cultures, das 2008 
gestartet wurde, ermöglicht Kurator innen, Forscher innen und Restaura-
	        
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