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Carl Hentze,
[45, 1950]
den Funden hervor, als auch aus einer Reihe von alten piktographischen
Schriftzeichen. Abgeschlagene Schädel mit Sonderbestattung sind gefunden
worden 17 . Wenden wir uns den Schriftzeichen auf Bronzegegenständen zu.
Einige Piktogramme (Fig. g) stellen ein Beil vor und darunter eine Menschen
gestalt, der offensichtlich der Kopf abgeschlagen ward. Es ist also hier die
Szene einer rituellen Enthauptung mittels einer besonders dazu verwendeten
Waffe dargestellt. Bei einem weiteren Schriftzeichen (Fig. h) sehen wir noch
den Kopf, das Beil ist schräg dargestellt, wie zum Ausholen für den Schlag
und noch vor dem Zuhauen, mit der Absicht zu zeigen, daß die Handlung
noch nicht vollzogen ward. Sonst sind die anderen enthaupteten Menschen
gestalten (Fig. g) genau auf eine und dieselbe Weise abgebildet, nämlich mit
einem Beil, welches wagerecht über dem kopflosen Rumpf steht, um zu
zeigen, daß der Schlag bereits gefallen ist. Nur bei einer Figur (Fig. i) steht
anstelle des Beiles eine Fußspur. Auch diese Figur ist kopflos. Das ist ein
altes Schriftbild für das moderne Zeichen fü. Es bedeutet den im Kampf
Gefangenen, der zu dem rituellen Menschenopfer gebraucht wurde. Bereits
Kuo Mo-jo hatte aus der Orakelschrift herausgelesen 18 , daß die im Kampfe
Gefangenen u. a. auch rituell geopfert wurden. Ihnen wurde — unser Zeichen
beweist es — der Kopf abgeschlagen 19 .
Fig. h. Fig. i.
Nun treten wir eigentlich erst an die wichtigste Frage heran, die wir
an das Ende unserer Untersuchung stellen mußten, nämlich welchen Zwecken
der Schädelkult — denn um einen solchen handelt es sich augenscheinlich —
wohl zu dienen hatte ?
Die beiden Inschriften auf der Sakralaxt (Abb. 7) sind rechts und links
von einem scheinbaren Ornament eingerahmt, das aus einem senkrechten
messerartig gekrümmten Teile besteht, in dessen Mitte sich ein nach abwärts
gekrümmter Haken ansetzt. Ich konnte früher schon nachweisen, daß es
sich um das Bild einer Feder handelt 20 . In der Tat, Vogelbilder auf den
17 H. G. Creel, op. cit., S. 211, 212.
18 Kuo Mo-jo, Shina kodai shakai shiron, S. 417.
19 Ich entnehme teilweise diese Ausführungen über die Schriftzeichen einer früheren
Arbeit. C. Hentze und Chewon Kim, Göttergestalten in der ältesten chinesischen
Schrift, Antwerpen 1943, S. 45.
20 C. Hentze, Sakralbronzen und ihre Bedeutung in den frühchinesischen Kulturen,
Antwerpen 1941, S. 100 ff.