drei Tage, in der dritten Nacht wurde das Asyl-
bewerberheim schließlich angezündet, als die
Polizei sich fahrlässigerweise kurzzeitig zu-
rückzog. Journalisten und Asylbewerber befan-
den sich noch im Haus, nur durch Glück kam
es zu keinen Toten. Perfiderweise entfachte sich
10och während der Ausschreitungen und durch
diese eine politische Diskussion um Begren-
zung der Zuwanderung und Änderung des
„ Asylgestzes.
“ Otto Hess, Joachim Schwarz und Otto Stolz
waren zentrale Figuren in der hochschulpoliti-
schen Auseinandersetung auf studentischer Sei-
te und sie prägten die Universitätslandschaft
nach 1945 mit. Sie kämpften für studentische
Mitbestimmung, Otto Hess wurde gleich nach
der Eröffnung der Universität Unter den Lin-
den Leiter der studentischen Arbeitsgemein-
schaft und 1947 Stellvertreter des Studentenra-
zes. Zusammen mit Stolz gab er die Zeitschrift
Colloquium heraus, in deren erster Nummer es
rogrammatisch heißt: „Freiheit, Humanität
und Menschenrechte sind für uns unveräußer-
.iche Werte und jeder, der sie anzutasten wagt,
wird von uns unnachsichtlich bekämpft.“ Die-
se monatlich erscheinende Zeitschrift gab dann
auch Anlaß, den beiden Herausgebern und dem
Redakteur Otto Stolz an der Universität Unter
den Linden am 16, 04. 48 die Studienerlaubnis
aus politischen Gründen zu entziehen. Von da
an betrieben Otto Stolz und Otto Hess den
Aufbau der Freien Universität, waren Mitun-
terzeichner des Aufrufs zur Gründung der FU
und Motor bei dessen Durchsetzung. Vgl.:
FUN. FU-Nachrichten der Freien Universität
Berlin. Darin u.a.: Die sittliche Pflicht zum Wi-
derspruch. Von Heltmut Coper am 03. 04. 1997
sowie die Dezemberausgabe 1998 aus Anlaß des
50jährigen Bestehens der FU,
Ring Christlich-Demokratischer Studenten,
„ bundesweite Studentenorganisation.
” Hierbei muß jedoch beachtet werden, daß die
Erzählung sehr ausgeschmückt sein könnte und
ıicht unbedingt den Vorkommnissen ent-
„spricht.
Zum Konzept der Lebenskonstruktion vgl.
3ude, Heinz: Deutsche Karrieren. Lebenskon-
struktionen sozialer Aufsteiger aus der Flak-
helfer-Generation. Frankfurt/M. 1987. Er ver-
steht darunter eine subjektive Handlungsorien-
tierung, die den tragenden Sinnzusammenhang
siner Person formt, aus dem Überzeugungen,
Beweggründe, Haltungen einer Person erwach-
sen. Die Lebenskonstruktion bezieht sich nicht
auf eine Identität, sondern vielmehr auf eine
verborgene Gefügeordnung.
Aus den Verhaltensweisen, Erzählungen, dem
allgemeinem Eindruck usw. läßt sich die Le-
benskonstruktion in Form einer Gestalt erken-
nen. Vgl. Bude, a.a.O., 5.75. Einen weitergehen-
den gestalttheoretischen Ansatz entwickelt Ga-
briele Rosenthal: Erlebte und erzählte Ge-
schichte. Gestalt und Struktur biographischer
Selbstbeschreibungen. Frankfurt/M. 1995, vgl.
speziell: S. 22-27: „Was ‚bringt‘ gestalttheore-
tische Betrachtung von Lebensgeschichte?“
Herr Weining erklärt das wie folgt: „ Leute von
der Feldgendarmerie, die gingen durch und
guckten, wo kann jemand rausgezogen werden,
um zum Infanterieeinsatz geschickt zu werden,
an die Front, Heldenklau, ja? So. Und so ein
Heldenklaukommando hat mich erwischt (...)“
„Und dann gibt es Erfahrungen, die an Begrif-
fen hängen - Deutscher, Aufsteiger, SPD-Mit-
glied -, Begriffe, deren Geschichte über den Ge-
schichtshorizont der einzelnen weit hinaus-
reicht. Natürlich kann der einzelne, zu jedem
dieser Begriffe, sofern er sie sich zu eigen
macht, Geschichten erzählen. Aber treffen die-
se Geschichten die Vorstellungskomplexe, die
an diesen Begriffen kleben? Ich will darauf hin-
aus, daß wir Erfahrungen machen, die nicht in
Erzählform darzustellen sind.“(Bude, Heinz:
Der Sozialforscher als Narrationsanimateur. In:
KZFSS, Jg. 37/1985, S. 325-336, S. 334.)
Vgl. hierzu Jürgen Straub. Kollektive Identität
definiert er als eine: „Chiffre für dasjenige (...),
was bestimmte Personen, in der einen oder an-
deren Weise miteinander verbindet, also erst zu
, einem Kollektiv macht.“ Straub, a.a.O. S. 104
„The national project cannot survive as a mere
ideological construction, it must exist as a cul-
tural praxis in everyday life. Being Swedish is a
kind of experience which is activated in
watching the Olympics on TV, in hoisting the
flag for a family reunion, in making ironic com-
ments about the Swedish national character
and feeling hurt when non Swedish make simi-
lar remarks), in memory of holiday trips to na-
sional sights (...)” Löfgren, Orvar: The Natio-
nalization of Culture. In: Ethnologia Europa-
ea 1989, S. 22
Das Kommunikative Gedächtnis ist nach Jan
Assmann das, was man sich erzählt, es reicht ca.
100 Jahre oder drei Generationen zurück. Vgl.
Jan Assmann: Das kulturelle Gedächtnis.
Schrift, Erinnerung und politische Identität in
frühen Hochkulturen. München 1992.