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Volltext: Band: Die Aranda- und Loritja-Stämme in Zentral-Australien, 2. Teil, Mythen, Sagen und Märchen des Loritja-Stammes : die totemistischen Vorstellungen und die Tjurunga der Aranda und Loritja

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das Herz eines Emu (ilia tukuta)  usw.; ja selbst einzelne Stöcke, die die Totem-Vorfahren 
besessen haben, werden als tjurunga angesehen usw.!) Ganz eigentümlich sind die hohlen 
‘Jurunga (tjurunga ulbura), die die Wohnung eines altjiranjamitjina darstellen. - 
Auch mit jeder Frau ist eine tjurunga verbunden, die diese jedoch niemals sehen: darf. 
Würde früher ein Mann einer Frau eine tjurunga gezeigt haben, so würden beide getötet 
worden sein. Die Todesstrafe wurde sogar an einer Frau vollzogen, die eine tjurunga 
zufällig gefunden hatte. Auch heute wachen die Aranda noch ängstlich darüber, daß eine 
solche keiner Frau zu Gesicht kommt. 
Diese tjurunga werden, wie schon gesagt, in Steinhöhlen, arknanaua,?) aufbewahrt; 
arknanaua bedeutet: geschützter, verwahrter Ort, der von Uneingeweihten nicht betreten 
werden darf; kein Weib oder Kind darf sich bei Androhung der Todesstrafe einem solchen 
Platz nähern. Diese Höhlen werden als heilige Orte, als Kultusstätten, angesehen. Daß 
die Eingeborenen den letzteren Begriff mit diesem Wort verbinden, entnehme ich dar- 
aus, daß, als ich für meine Übersetzungsarbeiten einen Ausdruck für Kirche suchte, mir 
zwei getaufte Schwarze allen Ernstes das Wort arknanaua vorschlugen, nachdem ich ihnen 
eingehend den Begriff Kirche dargelegt hatte; da jedoch die Schwarzen mit dem Wort 
arknanaua zu viele heidnische Anschauungen verbinden, so lehnte ich diesen Ausdruck ab. 
— Der Eingang zu diesen Stätten?) ist so versteckt gehalten, daß ein Uneingeweihter die- 
selben niemals von selbst finden würde. Ihre Umgebung ist bis zu einem gewissen Grad 
'abu. Ein Tier, das angespeert in der Nähe einer arknanaua liegen bleibt, wird nicht ange- 
wührt oder weggetragen; auch wird in der Nähe einer solchen Höhle Streit möglichst 
vermieden. Würde jedoch ein Verbrecher, z. B. ein Mörder, dieselbe als Freistatt benutzen 
wollen, so würde ihm das nichts helfen; er würde nicht bloß in der Umgebung, sondern 
ın der arknanaua selbst, erschlagen werden. 
Die Aufsicht über diese arknanaua hat gewöhnlich der Häuptling (inkata) des in der 
Nähe der Steinhöhle befindlichen Lagerplatzes, der auch.in den meisten Fällen dem Totem 
der in denselben aufbewahrten tjurunga-Hölzer oder -Steine angehört. Obwohl die tjurunga 
persönliches Eigentum derer sind, mit denen sie verbunden sind, so werden sie doch 
meistens in den arknanaua aufbewahrt und nur bei festlichen Gelegenheiten hervorgeholt. 
Als persönliches Eigentum werden sie auch vererbt. Stirbt ein Mann, so erbt der älteste 
Sohn oder der Neffe (amba) die tjurunga des Verstorbenen; ist derselbe noch zu jung, so 
fällt dieselbe einem jüngeren Bruder des Verstorbenen zu. Die mit einer Frau verbundene 
urunga, die bei ihren Lebzeiten von ihrem Vater oder Bruder bewacht wird. erbt nach 
Ihrem Tode ihr älterer Bruder (kalja) oder ihr Sohn (amba). 
Die tjurunga-Hölzer oder -Steine werden manchmal an die Bewohner eines befreundeten 
Lagerplatzes verliehen; dies wird. als ein Freundschaftsdienst angesehen, der die Glieder 
der einzelnen Lagerplätze näher mit einander verbindet. 
Der tjurunga wird eine geheime, magische Kraft zugeschrieben, besonders den tjurunga 
der Totem-Vorfahren, da sie ja den Körper derselben repräsentieren. Wird z. B. eine 
tjilpa [wilde Katze]-tjurunga mit Fett und rotem Ocker bestrichen, so geht, wie schon oben 
bemerkt. eine Kraft von ihr aus auf alle wilde Katzen: dieselben werden fett und vermehren 
) s. die Abbildungen im ersten Heft Tafel III, Fig. 4, Fig. 6 und Tafel IV, Fig. 2. 
’) Hergeleitet wird dieses Wort von arknala == vor, d. h. vor einem stehen, um ihn zu schützen; 
von diesem Wort leiten sich folgende Verba ab: arknant&rama = bewahren, arknantaiuma = beschützen, 
behüten, arknatanama = bewahren, aufhalten, arknaterama = abhalten [vom Schlagen]. 
3) s. die Bilder pag. 51 und 75.
	        
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