29 Allgemeine und französische Volkskunde. 1897—1909.
haupt zweifellos der andere. Hier werden Volksfeste anschaulich be-
schrieben, auch Tänze, Umzüge, kleine dramatische Spiele mitgeteilt, &o
das Sommer- und Winterspiel in Fassungen aus der Immenstadter Gegend
und aus dem Unterthingau (II, 79ff.), Nachrichten über ehemalige Passions-
aufführungen (II, 118ff.) sind nicht minder dankenswert. Immer be-
müht sich der Verfasser, seine genaue Kenntnis der Vergangenheit des
Allgäus auszunutzen; seine gewissenhaften Quellenangaben erwecken Ver-
‚rauen, und sorgfältig bemerkt er stets, ob Sitten und Bräuche noch
leben oder wann sie zuletzt nachgewiesen werden können. Es zeigt sich,
wie viel Altes z, B. in den Heimgärten oder Kameradschaften, in den
Nachbarschaften, in den Grüssen sich bis in die Neuzeit gerettet hat.
Die bildlichen Darstellungen sind sehr zahlreich, aber nicht immer ge-
lungen. Wissenschaftlichkeit und Volkstümlichkeit reichen sich in dem
Werke die Hände, das Zeugnis ablegt von liebevollster Beschäftigung
mit diesem Stück deutschen Volkstums. Vortreffliche Register erleichtern
die Benutzung. Die in diesem Bericht dringend notwendige Kürze nötigt,
weitere. Bemerkungen über das herrliche Zeugnis des Gelehrtenfleisses zu
unterlassen. Nur eines sei noch erwähnt: wir rechnen es dem verdienst-
vollen Verfasser hoch an, dass er sich jeder mythologischen Ausdeutung
der Sagen enthalten hat,
ALOIS JoHN, dem rüstigen Egerländer Volksforscher, verdanken‘ wir
ein methodisch vorzügliches Buch über seinen Heimatsort*').
Martin Rades oben angeführte Darstellung wird . bestens ergänzt
durch zwei Schriften von TrAuGorr KÜHN (Pseudonym)“2). Der Ver-
fasser ist von echt christlicher Milde erfüllt und verurteilt‘ nicht blind-
lings, sondern zeigt, dass man zwischen Kirchlichkeis und Religiosität
unterscheiden muss,
Eine zusammenfassende Übersicht über die Slaven in Deutschland
auf Grund gedruckter Literatur und langjähriger eigener Beobachtungen
will FrRAnz TETZNER mit seinem gewaltigen Buche geben*%. Der Be-
richterstatter hat zu einem Urteil über das Werk keine Befähigung, da
es ihm an Kenntnis des weitschichtigen Gegenstandes fehlt. Doch möchte
er ein paar Bemerkungen nicht unterlassen, Es ist nicht recht verständ-
lich, weshalb die polnische Bevölkerung Deutschlands nur nach den Er-
gebnissen der Volkszählung von 1890 angeführt wird. Bei der Literatur
über die Kaschuben finde ich nicht erwähnt: J. A. Baudouin de Courtenay,
Die kaschubische Sprache, das kaschubische Volk und die kaschubische
Frage (S.A. aus dem Journal des russischen Ministeriums für Volks-
aufklärung), Referat im Archiv f. Anthropologie Bd. 28, 420. Die Volks-
kunde der einzelnen slawischen Völker und Stämme kommt gegenüber
41) Oberlohma. Geschichte und Volkskunde eines Egerländer Dorfes. Prag
1903, J. G. Calve (= Beiträge zur deutsch-böhmischen Völkerkunde, hsg. von
Adolf Hauffen IV, 2) II, 196 8. 8°. 42) Skizzen aus dem sittlichen und kirch-
lichen Leben einer. Vorstadt. Göttingen, Vandenhoeck u. Ruprecht 1902, 104 8.
8°. Skizzen aus dem kirchlichen und sittlichen Leben einer Vorstadt. Neue
Folge, ebda. 1904. 43) Die Slawen in Deutschland. Beiträge zur Volkskunde
der Preussen, Litauer und Letten, der Masuren und Philipponen, der Tschechen,
Mährer und Sorben, Polaben und Slowinzen, Kaschuben und Polen. Von Dr. Franz
Tetzner, Mit 215 Abbild., Karten u. Plänen, Sprachproben u. 15 Melodien,
Braunschweig, Friedrich Vieweg u. Sohn 1902, XX u. 520 8. 8.