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Erster Abschnitt: Gewerbe.
Stoffe überhaupt in germanischen Ländern gefertigt, und
nicht vielmehr von fremd her eingeführt worden sind (vgl.
DHA. 3, 216; 328). Wohl aber verstand man, aus Edelmetall
und Bronze Draht zu ziehen, und diesen in den reizvollsten
Verschlingungen als Schmuck auf mannigfaltigen Gegen-
ständen anzubringen. Für solches Filigran gilt ahd. alt-
sächs. der Name wiara, wiera, wira, angelsächs. wir, altnord.
vira-virki, entsprechend lateinischem viriae, dem von Plinius
keltische Abkunft zugewiesen wird; auf deutsche Verwandt-
schaft läßt sich auch das Wort nicht zurückführen !??). Ferner
fiel dem Goldschmied zu die Herstellung der Metallver-
zierungen auf Kleidern, die in Form von Scheiben, Knöpfen,
Nägeln schon in früher Zeit erscheinen und sich sehr lange
halten ?°%). Auch fertigt er die Handspiegel, seit dieselben
als vornehmes Gerät, besonders für Frauen (vgl. Anm. 202),
von Rom her Eingang gefunden hatten. Sie sind von Metall,
zunächst importiert, dann im heimischen Gewerke nach-
geahmt?9l); der gotische Name, den man ihnen gegeben hat,
skuggwa, lehnt daran an, daß man in ihnen, vermöge der
gewöhnlich dunkeln Folie, das Bild gleichsam als Schatten
sieht (altnord. skuggi, angelsächs. scüwa, scüa, ahd. schwo
Schatten); verdeutlichend heißen sie im Altnordischen
skugg-sjä die Schattensehe, im Althochdeutschen skü-kar
Schattengefäß 2%). Aber diese Namen halten vor der
199) ahd. obrizum: wiera, wira STEINM. 3,120, 6f., wiera, wiere
192, 4. auri obryzi: des gewiereten goldes 415, 62. ags. Helm mit Filigran-
schmuck (wirum bewunden): Beowulf 1032. Spangen in Filigranarbeit
(wira gespann): Andreas 302; Elene 1135. Bucheinband mit der-
gleichen (wratlic weorc smida wire befongen): Rätsel 27, 14. Vgl. viriae
Celticae dicuntur PLinıvs, Hist. nat. 33, 3.
200) mantel .. genagelt wol mit golde Wigal. 25, 19 ff. von genageltem
pfelle was sin wafenroc 144,24. u. 6. Ziernägel als Schmuck auch
an anderen Gegenständen: Beow. 2024; Beowulfs Schwert führt
davon den Namen Negling: 2681. Vom Goldschmied gefertigte Besatz-
stücke auf Gewändern: DHA. 3. 328. Vgl. auch das Kleid des Germanen,
Fig. 11.
201) Spiegelfunde der älteren KEisenzeit im Norden: MÜüÜLLER-
JIRICZEK, Nord. Altertumskunde 2, 59.
202) specula sunt in quibus femine yultus suos intuentur, UL sch-car
vel spiegal STEINM. 2. 358, 35 f. 356, 11 £.