Die Gibellinenstadt Siena in Mittelitalien : c .
den Bann gethan ! Es war eben eine wunderliche Zeit , in welcher Vorstellungen herrschten , die wir heute nicht be - greifen .
Inmitten dieser Verwirrung tritt Katharina Benin - casa aus ihrer bescheidenen Zelle hervor und greift ein in die großen Interessen , welche nicht blos Italien , fondern die ganze Christenheit bewegen . Sie wird von den Floren - tinern nach Avignon zum Papst abgeschickt , um eine Aus - gleichung herbeizuführen . Das gelingt ihr ; sie verhindert ein Schisma und gibt dem Papste guten Rath , welcher befolgt wird ; sie ermuntert und schilt ihn , aber die Folge ist , daß der heilige Vater Avignon , wo die Päpste 70 Jahre lang residirt hatten , für immer verläßt und am 17 . Januar 1377 wieder in Rom einzieht .
In einem Brief aus dem Jahr 1376 schreibt sie an Gregor den Elften : „ Das Schlimme , welches die Unter - thanen verübt haben , ist verursacht worden durch die schlechten Hirten . Du hast den Aufstand erlebt , weil die Hirten und Lenker Uebles tha - ten . Die Legaten , welche du nach Italien geschickt hast , sind blutgierige Männer und Schin - der der Unterthanen , die doch ihre Nebenmenschen sind . Mich wundert nur , daß Gott nicht auch deu Steinen befiehlt , sich gegen dieselben zu empören . Aus zweierlei Gründen ( so schreibt die heilige Katharina weiter ) hat die Kirche verloren und ver - liert noch ihre zeitlichen Güter : des Krieges wegen und weil ihr die Tugend fehlt . " Sie schilt den Papst , daß er die Habe der Armen an Soldaten vergeude , die doch Menschenfresser seien .
Soll nun der Papst die Gewalt , welche er verloren hat , durch Waffengewalt wieder zu erlangen suchen ?
Auf diese Frage gibt die Hei - lige folgende Antwort : „ Ach , es hat nicht den Anschein , als wollte Gott , daß wir so sehr an zeit - liehen Gütern hängen und dar - über nicht beachten , daß Seelen verloren gehen und Gott Schimpf erleide , denn das sind die Folgen des Krieges . Wer die Ehre Gottes und das Wohl seiner Küchlein am Herzen hat , wer sie aus deu Krallen des Teufels erlösen will , muß uicht blos seine Güter , sondern auch sein leibliches Leben dahin geben . Dn , heiliger Vater , sagst vielleicht : ich bin in meinem Gewissen verpflichtet , Alles , was der Kirche gehört , wieder zu erwerben . Ich gestehe zu , daß das rich - tig sei , aber vor allen Dingen muß man lieben , was am köstlichsten ist . Nun ist der Kirche Schatz das Blut Christi und das ist gegeben , um die Seeleu zu erlösen ; dieser Blntschatz ist nicht für die weltliche Herrschaft gegeben worden , sondern für das Wohl der Menschen . Nehmen wir einen Augenblick an , Du seiest verpflichtet , den Schatz und die Herrschaft über die Städte , welche die Kirche ver - loren hat , wieder zu erobern und festzuhalten ; — bist Du aber uicht noch mehr verpflichtet , die Seelen wieder zu gewinnen , welche den wahren Schatz der Kirche bilden , die ja verarmt , wenn sie diesen einbüßt ? Du mußt eher das Gold der irdischen Dinge fahren lassen , als das Gold der
Die heilige Kath ( Nach Jacopo
geistigen . Du hast zu wählen zwischen zwei Nebeln : dem Verlust der äußern Größe , der Herrschaft und der irdischen Güter , welche wieder zu erobern Du Dich verpflichtet meinst , und dem Verlust der Gimde für die Seelen und des Gehorsams , welchen sie Deiner Herrlichkeit schuldig sind . Du wirst aber wohl eiusehen , daß es vor Allem Deine Pflicht sei , die Seelen wieder zu erobern . Man gewinnt der Kirche ihre Schönheit keineswegs zurück mit dem Messer , mit Grausamkeit , durch Krieg , sondern nur durch deu Frieden . "
So sprach die Tochter des sienesischen Färbers zum Pontifex . Pius der Zweite hat sie 1461 für eine Heilige erklärt ; Pius der Neunte besuchte 1857 ihre Wohnung , welche jetzt in eine Kirche umgewandelt ist . Er betete lang und brünstig in dem Zimmer , in welchem sie ihre Briefe schrieb . Bei dem heftigen Streite , welcher jetzt über die weltliche Herrfchaft des Papstes entbrannt ist , hat man in Italien oftmals wieder an die eben mitgetheilten Worte der Heiligen erinnert . — rina war auch als Schriftstellerin berühmt . Ihre Briefe zeich - nen sich durch eleganten Styl und Reinheit der Sprache aus , und sie nimmt eine hervor - ragende Stelle in jenem Zeitalter des Boeeaeio ein . Die Republik ließ in der Mitte des 15 . Jahr - Hunderts die Behausung ihrer „ großen Mitbürgerin " in ein Oratorium umwandeln , und diese kleine Kirche ist mit vortrefflichen Kunstwerken geschmückt . Urbano da Cortoua hat das Porträt der Heiligen in Bildhauerarbeit aus - geführt ; man sieht dasselbe über der Thür ; doch soll ein anderes viel ähnlicher sein und dieses theilen wir mit . Im Innern findet man herrliche Bilder von Sodoma , Hieronymus Paechia - rotti , Rieeio , Fotti , Vanni , Sa - limbeni , Sorri und Eafolani ; dieses kleine Heiligthum ist ein wahres Kunstmuseum .
Die heilige Katharina starb 1380 in Rom , erst 33 Jahr - alt . —
Noch einiger anderen Denkmäler müssen wir erwähnen . Oben auf dem Hügel , an dessen Fuße die Foute Brauda sprudelt , liegt die Kirche des heiligen Dominieus ; sie ähnelt mehr einer Burg als einem gottesdienstlichen bäude und stand fchou 1225 da , der Thurm ist aber erst 1340 gebaut worden . Der Bau imponirt im Innern durch feine Einfachheit ; man ist dort in ruhiger und gesam - melter Stimmung , weit mehr als in der Kathedrale , wo so viele Kunstwerke die Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen . Doch fehlt es auch hier nicht an schönen Arbeiten . In einer der Kapellen wird der Kopf der heiligen Katharina aufbewahrt , und dort sind die Wände mit den schönsten Fresken geschmückt , welche Sodoma gemalt hat . Inder Kirche ist eine Broneetasel aufgestellt ; man liest aus ihr die Namen aller sienesischen Streiter , welche 1848 vor Mantna fielen .
In dem Kloster neben der Kirche hat der heilige Tho - mas von Aqnino gewohnt , dieser Doetor angelicus , der Fürst der Schulen , und dort ist auch Ambrogio
arina von Siena . della Guercia . )