Vorwort,
Bei den in unseren Tagen stark hervortretenden nationalen Bewe-
gungen hat die Wissenschaft mit verdoppeltem Kifer ihre Aufmerk-
samkeit auf die wichtige Frage in Betreff der ersten Entstehung des
Menschengeschlechts und solchem nach auch der einzelnen Völker,
ihrer späteren Entwickelung und inneren Verhältnisses in der Vorzeit
und Gegenwart gerichtet.
Es ist daher ganz natürlich, dass man, ZUr Aufklärung der in
solcher Beziehung mangelhaften und gar zu spät niedergeschriebenen
Geschichte, allenthalben in Europa: angefangen hat, Sammlungen an-
zulegen sowohl von vaterländischen Alterthümern als auch von ethno-
graphischen Gegenständen , namentlich aus fremden Welttheilen.
Während indessen die Sammlungen von vaterländischen Alterthümern
schon wissenschaftlich geordnet sind nach der für Europa allgemein
anerkannten Zeitfolge: Steinalter, Bronzealter und Eisenalter, darf
man nicht behaupten, dass dieses in dem nämlichen Grade mit den
ethnographischen Sammlungen der Fall ist, theils weil die genannte
suceessive Culturentwickelung und Zeitfolge im Allgemeinen nicht so
bestimmt ausserhalb Europa geltend gemacht werden kann, theils
auch weil der Begriff Ethnographie noch nicht überall auf eine und
die nämliche Weise aufgefasst worden ist.
Einer der ersten Versuche ein grösseres, besonderes ethnogra-
phisches Museums herzustellen und zu ordnen, rührt von dem sich
um mehrere unserer übrigen Sammlungen so hoch verdient gemach-
ten, im Jahre 1865 verstorbenen Conferenzrath C. J. Thomsen, her.
Nachdem er aus der alten Königlichen Kunstkammer die daselbst
sich befindenden ethnographischen Gegenstände, welche er nach und
nach durch unermüdete Wirksamkeit bedeutend vermehrte, ausge-
schieden hatte, konnte er im Jahre 1849 die neugeordnete Sammlung:
im „Palais des Prinzen“ in Copenhagen ausstellen. ‘ Thomsens Plan
beschränkte sich darauf, soweit möglich „die jetzt lebenden nicht
europäischen Völker“ nach. ihren verschiedenen Culturstufen in
folgenden drei Hauptabschnitten darzustellen, nämlich:
1) die Nationen, welche im Allgemeinen nicht selbst Metalle verar-
beiten und daher als auf der niedrigsten Stufe der Cultur stehend
betrachtet werden müssen;
diejenigen Nationen, welche Metalle verarbeiten aber keine bei
ihnen selbst entwickelte Literatur besitzen;
diejenigen Nationen, welche sowohl Metalle verarbeiten als auch
im Besitz einer selbstständigen Literatur sind.
2)