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fullscreen: Zeitschrift für Ethnologie, 80/81.1955/56

  
  
    
  
  
Buchbesprechungen und Bibliographien 
P. Hermanns meint, die Mongolidenfrage am besten an den Lepcha (Rong) von 
Sikkim studieren zu können und widmet ihnen eine längere Untersuchung. Es gibt bei 
ihnen zahlreiche Schöpfungs- und Sintflutmythen, die sich teils ähneln, teils wider- 
sprechen; manches deutet auf tibetische Herkunft, sehr vieles aber findet sich weithin 
über Asien verstreut. Die Gottesideen sind polytheistisch. Der Mun (es gibt auch weib- 
liche Mun) und der Bong-thing sind Vermittler zwischen Gott und Mensch und üben ihr 
Amt durch das Darbringen von Opfern, durch Trancetänze und Krankheitszauber aus. 
Dabei werden all jene Geräte, wie Trommel, Knochenflöte, Schädelschale usw., nicht 
verwendet, die den tibetischen und nordasiatischen Zauberern und Schamanen SO 
teuer sind. Deshalb können Mun und Bong-thing nicht mit den tibetischen Bon - po 
identisch sein, sondern sie gehören nach des Verfassers Ansicht einem primitiven, 
vorschamanistischen Priesterstande an, der aufs engste dem mancher primitiver 
Stámme Indiens gleicht (S. 55, 95). Sehr ausführlich sind die Opferriten der Mun und 
Bong-thing, sowie die Jagd- und Landbauopfer wiedergegeben. 
Das Kapitel über die materielle Kultur ist seltsamerweise "The social classes of 
the Rong'' betitelt. Die Lepcha haben eine Uberlieferung, daB sie bis zum 17. Jahr- 
hundert Jäger und Wildbeuter waren. Leider konnte P. Hermanns nicht die botanischen 
Namen jener Pflanzen eruieren, die durch besondere Behandlung entgiftet und bei 
schlechten Ernten als Ersatznahrung verwendet werden (S.96). Solche Feststellungen 
könnten von hohem wirtschaftlichem Werte sein, doch bemühen sich Ethnologen leider 
nur in den seltensten Fällen darum. 
Die Lepcha hätten den Bodenbau nicht von anderen Völkern gelernt, sondern 
andere Völker in sich absorbiert, die bereits mit der Landwirtschaft vertraut waren. 
Demnach haben sie eben doch von anderen Völkern gelernt und den Landbau nicht 
selbst entwickelt. Den wirtschaftlichen Werdegang der Lepcha gleich auf alle übrigen 
Bergvölker Südostasiens zu übertragen, ist allerdings eine fragwürdige Verallge- 
meinerung (S. 104). Es folgt eine etwas karge Übersicht über die Bhutan-Völker und 
ihre Verwandten. 
Die Völker des südlichen Himalaja gehören alle zur tibetoburmanischen Sprach- 
gruppe, rassisch aber sind sie wie die Zentralasiaten aus mongoliden und nichtmongo- 
liden Elementen gemischt. Die Nichtmongoliden, hier als europoid bezeichnet, wären 
die einstigen Jäger- und Viehzüchternomaden, die sich unter mongoliden Ackerbauern 
an deren Wirtschaftsform mit seßhafter Lebensweise und hauptsächlich vegetabiler 
Nahrung adaptierten und sich mit der Zeit auch rassisch umbildeten (S. 121). 
Von den europiden Formen im nördlichen Hinterindien (v. Eickstedt hat sie be- 
'sonders unter den Lolo gefunden) sagt P. Hermanns richtig, daB sie ,viel den ein- 
gestrómten Nomadenvólkern Innerasiens verdanken" (S.128). Nun aber gleich die 
Palámongoliden ,nur eine schwache Hinneigung dieses (europiden) Typus gegen die 
Mongoliden hin" (S. 128) zu nennen, scheint mir zu weit zu gehen. Der Verfasser hat 
die Neigung, die Zugehórigkeit zu einer der mongoliden Rassen in der Hauptsache 
vom Vorhandensein der Mongolenfalte des Auges abhángig zu machen. Mongolider 
Einschlag ist jedoch auch bei Fehlen typisch mongolider Merkmale im Erscheinungsbild 
meist ohne weiteres erkennbar. 
P.Hermanns stellt die einst weite Verbreitung mongolider tibetoburmanisch 
sprechender Vólker in ganz Nordost-Indien und im Himalaja bis weit nach Westen 
heraus; diese Kiráta der Veden sind im Laufe der Zeit zu einem großen Teil sprachlich 
indoarisiert und kulturell hinduisiert worden. S. K. Chatterji nennt sie ,Indo-Mongo- 
loide", P. Hermanns móchte sie lieber als ,Indo-Tibeter" bezeichnen, was nicht nur 
sprachlich und geographisch, sondern auch anthropologisch zutreffender wáre, da sie 
nicht ausschlieBlich mongolide Elemente enthalten (S: 130). 
Zum Schluß hat der Autor sehr treffend die enge sprachliche und kulturelle Ver- 
flechtung der alten austroasiatisch und tibetoburmanisch sprechenden Völker mit den 
jüngeren, vorwiegend indoarisch bestimmten, gekennzeichnet. Vokabular, ja selbst 
Syntax, der indoarischen Sprachen Bengali und Assami zeigen ein starkes tibetobur- 
manisches (Bodo) und austroasiatisches (Khasi) Substratum (S. 140). Abzulehnen. hin- 
gegen ist die Vermutung, das Stieropfer der Naga sei von den Hindu entlehnt (S. 150), 
stammt es doch bestimmt aus einer sehr viel älteren, Schicht. 
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
    
  
  
  
  
  
  
  
    
   
  
   
   
   
   
  
  
  
   
   
  
   
   
  
   
   
  
  
  
  
  
  
   
   
   
       
 
	        
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