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Volltext: Kulturstudien aus drei Jahrhunderten

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T. Historisches Stillleben 
gerade in dieser Zeit, wo der Titel seine soziale 
Währung und eben damit seinen vernünftigen Sinn 
verloren hatte, von einer „Titelwissenschaft" und ein 
damaliger Autor klassifizierte dieselbe sofort als die 
„vornehmste unter den Wissenschaften zweiten Ranges". 
Wo man aber einer eigenen „Titelwissenschaft" be 
darf, da müssen die natürlichen Gliederungen der Ge 
sellschaft bereits zerstört sein; denn in einer gesunden 
und lebenskräftig gegliederten bürgerlichen Gesellschaft 
muß alles, was über den Titel Wissenschaftliches zu 
sagen wäre, in der Lehre von Stand und Beruf zu 
suchen sein. Je mehr sich daher in der neueren Zeit 
eine neue und bessere soziale Gliederung zu entwickeln 
beginnt, um so lächerlicher ist auch der bloße Gedanke 
an eine „Titelwissenschaft" geworden. Was jeder ist, 
das soll er auch heißen: dies muß die Summe aller 
Titelwissenschaft werden. 
„Wohlgeboren" war im Mittelalter ein Prädikat 
des Adels gewesen; gleichbedeutend mit sreigeboren 
war es mehr als eine Höslichkeitsphrase, es hatte 
einen sozialen und staatsrechtlichen Sinn. Als man 
später „Hochwohlgeboren" daraus machte, weil der 
inzwischen sozial emanzipierte Bürgerstand sich mit 
gutem Grund nun gleichfalls wohlgeboren nannte, 
war ein in seiner sprachlichen Zusammensetzung sinn 
loser Rangtitel aus dem alten Standesprädikat ge 
worden. Im achtzehnten Jahrhundert trieb man nun 
gar mit Hilfe der „Titelwissenschast" die logische 
Konfusion so weit, daß man das ursprünglich dem 
„Wohlgeboren" gleichbedeutende „Edelgeboren" den
	        
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