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Volltext: Kulturstudien aus drei Jahrhunderten

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I. Historisches Stillleben 
die gravitätischen Herren und Frauen der alten Zeit 
werden aus den kleinen Pergamentbänden leibhaftig 
vor unseren Augen aufsteigen, die bedächtigen frommen 
Urväter, die noch mit einer gewissen Feierlichkeit 
Briefe schrieben, kein Datum daruntersetzten, außer 
mit einem: lE8 I)oo, keine Wechsel ausstellten, außer 
mit der Schlußformel: „Gottes Schutz eingeschlossen", 
die einen Frachtbrief etwa mit den Worten anhuben: 
„Unter dem Geleit Gottes und des Fuhrmanns N. N. 
übersende ich beifolgend drei Tonnen Heringe", die 
einen Ehevertrag nicht wie ein gerichtliches, sondern 
wie ein kirchliches Aktenstück begannen, mit der feier 
lichsten Anrufung: „Im Namen der heiligen und un 
teilbaren Dreieinigkeit", und die in einem soliden Brief 
steller gar keine Formularien zu Liebesbriefen duldeten, 
sondern nur zu Hochzeits- und Gevattersbriefen. 
Die Briefsteller sind jetzt ein Hausbuch der Un 
gebildeten, früher im Gegenteil der Gebildeten: sie 
waren kleine Enzyklopädien der Kanzleigelehrsamkeit, 
summarische Staatsadreßkalender, Musterbücher für 
die gangbarsten Formularien und Aktenstücke aus dem 
Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit, kaufmännische 
Geschäftshandbücher; ja in unseren ältesten Brief 
stellern find sogar die ersten naiven Versuche zu einer 
gemeinfaßlichen deutschen Grammatik und Rechtschreib 
lehre für das große Publikum niedergelegt. Solche 
Bücher wurden dann auch nicht fabrikmäßig gemacht, 
sondern von gelehrten Leuten, namentlich von Juristen, 
Notarien und Kanzleibeamten mit sonderlichem Fleiß 
ausgearbeitet. In unseren Tagen pflegt der Autor
	        
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