Volltext: Rügensche Volkskunde

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Auf der Halbinsel Mönchgut hat sich eine höchst kleidsame, schmucke 
Volkstracht bis in die Gegenwart hinein erhalten. Nach einer kurz vor Aus 
bruch des großen Krieges vorgenommenen Zählung bedienten sich noch etwa 
240 Personen (80 Männer, 156 Frauen und einige Kinder) der Tracht; das 
ist etwa der zehnte Teil aller Mönchguter. 
Die Männer tragen eine kurze Jacke aus schwarzem Wollenstoff mit 
zwei Reihen eng aneinander genähter Knöpfe und unter der Jacke eine quer 
gestreifte, rotbunte Weste mit zwei Reihen gelber Knöpfe. Die Beine sind 
mit 3—4 Paar Beinkleidern bekleidet, von denen die zu oberst getragenen 
weißleinene „Pluderhosen" sind; sie reichen vis auf die halben Waden herab 
und flattern, da sie außerordentlich weit sind, wie ein Schurz oder doppelter 
Sack um die Beine. Bei feierlichen Gelegenheiten und in Trauerfällen treten 
an die Stelle der weißleinenen Beinkleider solche von schwarzer Farbe, und 
die Weste ist dann blaugestreift. 
Als Bekleidung der Füße dienen wollene Strümpfe von grauer Natur 
farbe und niedrige Lederschuhe. Der Kopf ist für gewöhnlich mit einer schwarzen 
oder dunkelblauen Tuchmütze bedeckt. 
Bei der Abendmahlsfeier und bei seiner eigenen Trauung trägt der 
Mönchguter über dem gewöhnlichen Anzug noch einen langschößigen schwarzen 
Überrock mit hohem Stehkragen; dieser Rock ist so lang, daß die weißen Bein 
kleider nur etwa eine Handbreit darunter hervorschauen, zu dem Rock gehört 
als Kopfbedeckung ein hoher schwarzer Zylinderhut. 
Die Mönchguterinnen tragen auf dem Kopfe eine weißleinene Mütze 
und darüber eine dick mit Wolle wattierte, über dem Hinterkopf kegelförmig 
spitz zulaufende Haube oder Obermütze von schwarzer Farbe, über welche im 
Sommer ebenso wie im Winter ein Strohhut von der Form der sogenannten 
Helgoländer gesetzt wird. Von der Untermütze bleibt nur ein schmaler weißer 
Streifen sichtbar, und unter diesem schaut in der Mitte der Stirn eine Stirn 
locke hervor, die scherzweise „bat Bullenbrett" genannt wird. 
Der Brustlatz ist von buntgestreiftem, mit Perlen besetztem Wollenzeuge, 
bei feierlichen Gelegenheiten aber von rotseidenem Stoffe. Nach dem Halse 
zu wird er durch ein buntes, in der Regel rotfarbenes Busen- oder Halstuch 
abgeschlossen. Sobald die Mönchguterin das Haus verläßt, zieht sie eine 
schwarzwollene Jacke über, die am Halse und an den Ärmeln mit schwarz 
seidenem oder schwarzsamtenem Bande besetzt ist. 
Um die Hüften legen die Mönchguterinnen einen dicken, mit Hede aus 
gestopften Wulst von Leinewand, der als Träger der schwarzen, vielgefalteten 
Röcke dient. Über die Röcke wird eine weiße gestärkte Schürze, bei Kirch 
gängen eine schwarze wollene Schürze gebunden; Bräute tragen blaue leinene 
Schürzen. 
Die Stoffe, aus denen alle diese Kleidungsstücke hergestellt werden, find 
Erzeugnisse der Hausindustrie; doch ist die Zahl der Webstühle, die im Jahre 
1817 noch mehr als hundert betrug, in letzter Zeit erheblich zurückgegangen. 
Leider ist auch die alte Volkstracht sehr im Abnehmen begriffen. Bis um 
1875—1880 fiel es noch allgemein auf, wenn ein Mönchguter sich wie „die 
Köllen", d. i. wie die übrigen Rügianer kleidete, und eine Mönchguterin, die 
die Tracht abgelegt hatte, hatte damals kaum Aussicht, sich auf der Halbinsel 
selbst zu verheiraten. Das ist jetzt anders geworden. Der Zug der neuen 
Zeit und die auf Mönchgut im Laufe der letzten 40 Jahre entstandenen Bade
	        
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