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Volltext: Rügensche Volkskunde

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Immer, Pahnke, Utesch, Wienke, Urkvitz, Bukow, Grabow u. a., keineswegs 
auf slawische Abstammung der betreffenden Personen schließen darf. 
Was nun den Charakter der Rügianer anbetrifft, so liegen uns darüber 
bereits aus älterer Zeit Urteile und Nachrichten vor. Helmold, ergänzt durch 
die Ottobiographien, schildert die Wildheit, Grausamkeit und Gewalttätigkeit 
der slawischen Rügianer, rühmt aber daneben ihre unbeschränkte Gastlichkeit 
und weitgehende Fürsorge für Alte und Schwache, insbesondere für die betagten 
Eltern. Es waren also Licht- und Schattenseiten im Charakter der Ranen 
vereinigt, doch scheinen die letzteren in überwiegender Zahl vorhanden gewesen 
zu sein (Fock). 
Im Zeitalter der Reformation, als inzwischen die slawische Bevölkerung 
auf Rügen verschwunden war, gibt uns Thomas Kantzow eine ausführliche 
Charakteristik der Rügianer, die wir umso höher einzuschätzen haben, weil wir 
annehmen müssen, daß Kantzow als geborener Strnlsunder die Bewohner der 
Insel gut gekannt hat. Er schreibt: 
Es seint die Einwohner diesses Landes sehr ein mordisch und zenckisch 
Folck, das es eben an inen schyr wahr ist, wie das lateinische Sprichwort 
lawtet: oinn68 insulares mali. Dan im gantzen Land zu Pomern werden kein 
Jar so viel vom Adel und andere erslagen, als allein in diesser kleinen Insel. 
Es gibt dis Volck auch wol so viel Rechtgands, als das halbe Land zu Pomern. 
Dan alle Sonnabend helt der Lantfogt sampt den Eltisten des Lands zu 
Bergen Gerichte: da hat er von fru Morgens bis schyr an den Abend gnug 
zu thunde, und er Hort auch umb des Mittags Mals willen nicht anst; dan 
so er sie wegkgehen liesse und nach Essens widderbescheidete, so trinken sie sich 
etwar tol und ful und slagen sich und machen newe Ursachen oder treiben 
solliche Ungesteumickheit vorm Gerichte, das der Landfogt nirgentz mit inen 
auskhomen khan. Darum sytzt er gern das Gericht gar aus, das er die Sachen 
entscheide, oder so es zu lange weret, das er sie bis aufs den andern Gerichts 
tag verweise. — Es ist kein Edelmann oder Pawr so sticht, das er sein Wort 
nicht selbst redete und das er nicht ire gewonliche Lantrecht wüste. Und aus 
sollicher Vermessenheit wil einer dem andern nirgentz inne nachgeben, und 
khumpt daraus so viel Haders, Zancks und Morts, das es zu viel ist. 
Sonderlich geraten sie in den Krogen und Wirtzheusern leichtlich an ein ander, 
und wan einer sagt: „Das walt Got und ein kalt Eisen!" so mag man ime 
wol aufs die Fawft sehen und nicht auf das Maul, dan er ist bald bey ime. 
Und geschicht in den Krugen so viel Slahens, Morts und Jniurien, das oft 
ein Edelmann, der einen Krog hat, so viel von der Buss und Straffgelde ein 
Jar khan daraus gehaben, als sunst etwar von einem halben Dorffe. 
Um diese mehr tadelnde als lobende Schilderung richtig zu bewerten, 
müssen wir uns vergegenwärtigen, daß Kantzow an der betreffenden Stelle 
(II 254 f.) nur das hervorheben wollte, wodurch sich die rügensche Bevölkerung 
von der pommerschen unterschied. Wir müssen also zur Ergänzung der Cha 
rakteristik das hinzufügen, was Kantzow II 240 von den Pommern im all 
gemeinen sagt: 
Das Folck ist mehr guthertzigk wan freuntlich und mehr simpel dan klug, 
nicht leichtsynnigk, auch nicht sehr frolich, sonder etwas ernster und schwer 
mütig. Sunst aber ists ein aufgericht, trewe, verschwigen Folck, das die 
Lügen und Schmeichelwort hasset, pittet gern Geste und gehet Widder zu Gaste 
nnd thut einander nach irer Art und Vermögen gern gütlich u. s. w.
	        
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