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Volltext: Rügensche Volkskunde

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vierten Teile des Landes zurückgedrängt, auf denen sie nur ein kümmerliches 
und beschwerliches Dasein führen konnten; andere sahen sich genötigt, bei den 
Deutschen als Landarbeiter und Knechte Dienste zu nehmen. In letzterer 
Beziehung ist es bedeutsam, daß die Wörter Slawe und Sklave, die ja aus 
denselben Wortstamm zurückgehen, im rügenschen Plattdeutsch überhaupt nicht 
unterschieden werden und daß „sich slawen", „sich afslawen" auf Rügen soviel 
wie „sich abmühen" bedeutet. Äußerlich kommt das Ringen zwischen Slawentum 
und Deutschtum im 13. und 14. Jahrhundert zum Ausdruck in den zahl 
reichen Doppelnamen einzelner Ortschaften, die mit deutsch- und wendisch-, 
groß- und klein-, alt- und neu- zusammengesetzt sind; diese Benennungen zeigen, 
daß die Deutschen das Hauptgut, die Slawen das Nebengut mite hatten. Die 
von den deutschen neu angelegten Güter, zu denen vor allem die Hngendörfer 
gehören, sind auf Rügen nicht sehr zahlreich. Vielfach ließen sich die Slawen 
in den Küstendörfern nieder, um der Fischerei obzuliegen. 
Nach dem Geschilderten ist es klar, daß wir den Bevölkerungswechsel 
auf Rügen nicht als eine friedliche Vermischung oder als eine gegenseitige 
Durchdringung und Durchsetzung zweier gleichberechtigter Stämme aufzufassen 
haben; vielmehr war die Sache so, daß die eingewanderten Deutschen die Herrn, 
die Slawen die (unterdrückten) Knechte waren; die Slawen wurden zunächst 
zurückgedrängt und zuletzt völlig aufgesogen. 
Fast zwei Jahrhunderte hat der Kampf ums Dasein gedauert, bis die 
an Kultur stärkeren Deutschen obgesiegt hatten. Im Jahre 1400 starb aus 
Jasmund eine Frau Galitz als letzte Person, die aus Rügen der wendischen 
Sprache mächtig gewesen war. Seitdem gibt es nur Deutsche und zwar lediglich 
Niederdeutsche aus der Insel. 
Im 17. und 18. Jahrhundert sind noch einmal fremde Elemente zu der 
einheimischen Bevölkerung hinzugetreten. Im Laufe des 30 jährigen Krieges 
ist, wie Grümbke: Darstellungen II 42 ausführt, durch Gewalttätigkeit und 
neue Einwanderungen die Menschenrasse auf Rügen verändert worden, und 
ebenso beurkunden die alten Kirchenbücher, wie die Dänen und besonders 
Karls XII. Krieger die Rügianer mit schwedischer Nachkommenschaft vermischt 
haben. Indessen ist dadurch der niederdeutsche Charakter der Bevölkerung 
ebenso wenig beeinträchtigt worden, wie durch die zahlreichen Veränderungen, 
die die Freizügigkeit, der Ausbau des Verkehrswesens und die Entstehung der 
Badeorte auf Rügen in den letzten 50—60 Jahren in dem Bestand der Be 
völkerung hervorgerufen haben. 
So wird für die Insel Rügen gewiß zutreffen, was für die Provinz 
Pommern allgemein gilt, nämlich daß fast die Hälfte der Bevölkerung aus 
Langköpfen mit blonden Haaren und blauen Augen besteht, während die auf 
slawische Abkunst hinweisenden Rundköpfe nur 10 Prozent der Bevölkerung 
ausmachen; der Rest besteht aus Mischlingen. 
Grümbke sagte schon 1819 mit Recht: „Im ganzen dürften die Spuren 
sehr schwach sein, die man noch jetzt von wendischen Abkömmlingen auf Rügen 
finden wollte", und ebenso betont Fock I 12, daß wir durch nichts berechtigt sind, 
„gegenwärtig" — im 19. Jahrhundert — „in Vorpommern und Rügen noch 
von vorhandenen wendischen Elementen unserer Bevölkerung zu reden, weil 
etwas wendisches Blut in ihren Adern fließt." Bei dieser Gelegenheit sei 
ausdrücklich darauf hingewiesen, daß man aus den auf Rügen häufig vor 
kommenden slawischen Familiennamen, wie Breese, Dambek, Dalmer, Grahl,
	        
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