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Volltext: Volkskundliche Streifzüge

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solches empfunden, wo der Begriff der Persönlichkeit 
noch nicht entschieden entwickelt worden ist. Noch 
mehr wie bei den volkstümlich gestalteten Liedern 
übt die Gesamtheit Herrenrechte an diesen Erzeug- 
nissen aus. Altüberliefertes erhält neue Form oder 
Neues althergebrachte Form; niemand fühlt sich ver- 
pflichtet, zu fragen, woher ein Liedchen gekommen 
sei. Singen und im Singen Verändern des Gehörten 
— denn noch mehr als bei den volksmáfiig gewordenen 
Kunstliedern spielt die nichtschriftliche, also die Ver- 
mittelung durch das Gedächtnis eine Rolle — begleitet 
den einfachen Menschen bei den verschiedensten 
Gelegenheiten, namentlich bei den Haupttätigkeiten, 
bei Arbeit und Spiel. Dabei sind unter einfachen 
Menschen nicht etwa bloß die Naturvölker gemeint, 
sondern auch alle Glieder der Gesamtheit des niederen 
Volkes. Aus der Arbeit hat ein geistvoller National- 
ökonom, Karl Bücher in Leipzig, die Entstehung der 
Poesie und Musik abgeleitet. Am besten war vor ihm 
der Zusammenhang von Arbeit und Lied durch Otto 
Boeckel in der Einleitung zu den „Deutschen Volks- 
liedern aus Oberhessen", 1885, behandelt worden. 
Büchers Spuren folgend wollen wir die Wechsel- 
wirkung zwischen Arbeit und Rhythmus beleuchten. 
Mit Glück ist Professor Adolf Schullerus in einem treff- 
lichen Aufsatze „Unsere Volksdichtung“, Sonderabdruck 
aus Dr. Fr. Teutschs Bildern aus der vaterländischen 
Geschichte IL, Hermannstadt 1899, mit Hilfe der Er- 
gebnisse Büchers tiefer in das Wesen der Volkspoesie, 
namentlich Siebenbürgens, eingedrungen. Um die 
ganze Tragweite der Bücherschen Folgerungen über- 
sehen zu kónnen, müssen wir scheinbar von unserem 
Gegenstande abweichen. 
Der Leipziger Nationalókonom weist nach, daß 
der Versuch, den Ursprung und die Entwickelung der 
menschlichen Arbeit an ihr Gegenstück, die Trägheit,
	        
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