Die Deutschen haben immer durch äußere Feinde,
die ihre edelsten Güter bedrohten, daran erinnert werden
müssen, daß sie das Stammesgefühl dem Gemeinsam-
keitsgefühl unterzuordnen hätten, So verdanken sie
ja ihre nationale Einigung dem Kriege von 1870/71;
als Vorläufer dieser Verschmelzung betrachten wir das
starke Bewußtsein der Zusammengehórigkeit, das die
Übergriffe des korsischen Eroberers im Anfange des
vergangenen Jahrhunderts erzeugten. Unsere Volks-
genossen lernten da vielleicht zum ersten Male kennen,
daß es außer deutscher Bildung noch anderes gab,
was sie verband; das Gefühl der Nationalität regte sich
mächtig; wir nennen es wohl jetzt auch mit einem
rasch beliebt gewordenen Ausdruck das völkische
Bewußtsein. Beides sind nur verschiedene Worte für
die gleiche Sache; denn völkisch heißt national. Ähn-
lich wie im Französischen sind dabei die Begriffe
Nation und Volk verschmolzen. Und was man früher
als „Nationalität“ bezeichnet hatte, wurde im Anfang
des vorigen Jahrhunderts durch das schöne, heimatlich
klingende ,, Volkstum" wiedergegeben.
Schon vor dem Kriege Napoleons gegen Preußen
hatte ein glühender Vaterlandsfreund, Friedrich
Ludwig Jahn, eine Schrift mit dem Namen ,,Volks-
tum“ aufgesetzt. Während der schlimmen Zeiten war
dieses Werk verloren gegangen, und nach dem un-
glücklichen Friedensschluß von Tilsit versuchte Jahn
es 1808 nochmals niederzuschreiben. So kam im
Jahre 1810 zu Lübeck sein „Deutsches Volkstum“
heraus, die edle Frucht der Leiden eines warm empfin-
denden deutschen Herzens. Volkstum bedeutet dem
wackeren Manne „das Gemeinsame des Volks, sein
inwohnendes Wesen, sein Regen, seine Wieder-
erzeugungskraft, seine Fortpflanzungsfähigkeit.“ In
dem Streben, alles Undeutsche aus der Sprache
auszuschalten, wendet er sich gegen Bezeichnungen