DER BEGRIFF
UND DIE GESCHICHTE DER
VOLKSKUNDE.
ıs unseren Schullesebüchern haben wir das
Märchen von den drei Söhnen eines Vaters
kennen gelernt, die hinausziehen, um sich
auf verschiedenen Gebieten die Meister-
schaft zu erwerben. Dem jüngsten unter den Brüdern,
der die höchste Kunstfertigkeit erweist, wird das väter-
liche Erbe zugesprochen, Wie in dieser Geschichte,
so liebt es das Volk in seinen Erzählungen auch sonst,
den Letztgeborenen auf den Gipfel des Glückes zu
führen, Es will scheinen, als ob dem jüngsten unter
den Kindern der deutschen Philologie ein gleich freund-
liches Geschick bestimmt sei, wenigstens hat sich bisher
keines unter den Geschwistern einer ähnlichen Gunst
des Gelehrten wie des einfachen Mannes erfreuen
dürfen. Dieser letzte Sprößling der deutschen Philo-
logie, die deutsche Volkskunde, erblickte das Licht der
Welt zu einer Zeit, wo hehre Begeisterung für deutsche
Sprache und Sitte die Herzen entflammte; er hat seine
Flegeljahre hinter sich und steht im Begriff, die Reife
zu erlangen.
Der Name ,,Volkskunde* drückt den Gegenstand
der jungen Wissenschaft einigermaßen deutlich aus.