den erkennen, gleichzeitig aber den eigenen Erfahrungsraum ver-
lassen, um den gemeinten Sinn des anderen zu verstehen.
Utopie und Mythos, beide im Sinne Eliades exemplarische
Modelle (... wird der Mythos, ... der die siegreiche Manifestation
einer Seinsfülle erzählt, zum exemplarischen Modell für alle
menschlichen Tätigkeiten), haben das Gemeinsame, daß sie die
asymmetrische Spannung zwischen Erfahrungsraum und Erwar-
tungshorizont im Menschen selbst und zwischen den Menschen
aufheben wollen. Doch während der Mythos seine Seinsfülle aus
der Vergangenheit in die Gegenwart weisen läßt, ist die Utopie
Gegenzug gegen das schlecht Vorhandene (Bloch). Und doch spielt
auch für den Erwartungshorizont der Utopie die sinnliche Tradi-
tion jener verlorenen Erfahrungsräume der Vergangenheit eine
Rolle: die gedachte Seinsfülle fremder Kulturen.
Meine dritte ‘amerikanische Reise’ durch die USA, eine drei-
monatige Felderfahrungsreise 1982 (der 1987 eine weitere drei-
monatige Forschungsreise folgte), war auf die Erweiterung mei-
nes Utopie-Erfahrungsraumes mit utopischen Handlungsentwür-
fen und Modellrealisationen gerichtet, den ich über Lektüre und
teilnehmende Beobachtung in verschiedenen konkreten Versu-
chen, der Zivilisation zu entkommen, in Europa gewonnen hatte.
Die Erwartung zielte insbesondere auf Modellrealisationen in
größeren (Land-)Kommunen jener Bewegung seit den 50er Jah-
ren, die Kanter in ihrem Buch über Kommunen und Utopien als
psychosoziale oder Selbstverwirklichungskommunen (mit der
Unterteilung in Rückzugs- und Missionskommunen) von den äl-
teren religiôsen und sozialistischen Kommunen abgrenzt. Die
gegenwärtige europäische Kommunebewegung ist direkt und in-
direkt von den amerikanischen Initiativen und Ideologien abhän-
gig, wenn auch, insbesondere was die großen Gemeinschaftssied-
lungen anbetrifft, nie die Dimensionen Amerikas erreicht werden
konnten, eines Landes, für das die Siedlungsbewegungen als ge-
sellschaftliche Gegenmodelle zur historisch investierten Erfah-
rung, zur überall wahrnehmbaren sinnlichen Tradition gehóren.
Allerdings, und das hat sowohl an dem durch andere Aufgaben
bedingten zu geringen Vergegenwärtigen des WiBbaren im Vor-
feld der Feldphase gelegen als auch an dem wissenschaftlich-
persönlich durchmischten Erwartungshorizont (also meiner C.z-
schichtlichkeit) hinsichtlich der neuen Wertorientierung, war die
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