Möglichkeiten, keine Stellen, nichts, nichts, nichts. Da hat man,
weil man auch Familie hatte, das erste beste genommen, was sich
so ergab. Ich ging ins Aluminiumwerk nach Göttingen. Dort war
eine Nachtschicht eingerichtet für Doktoranden, Studenten und
alle solche, die nichts Praktisches gelernt hatten. Und da haben
wir die Nächte zugebracht an der Schmelze, in der Schleiferei und
Nieterei. Daneben haben wir eine Menge von Bewerbungen losgelas-
sen."/1/ Für sich und andere sprechend, schrieb Wolfgang Jacobeit
damals den Artikel "Zur Situation des akademischen Proletariats".
Alle, die mit Wolfgang Jacobeit eng zusammengearbeitet
haben, wissen aus Erzählungen, wie tief seine "Franzosenzeit" ihn
bewegt und seine Einstellung, sein humanistisches demokratisches
Denken geprägt hat. Die Worte über die Erlebnisse beim franzö-
sischen Suchdienst sind ein Vermächtnis: "Wir hatten ja meist
Massengräber zu exhumieren;. das bedeutete seinerzeit, daß die
offenen Gräber nachts von angeworbenen Deutschen bewacht werden
mußten. Sie unterhielten sich lustig und schnipsten die Asche
ihrer Zigaretten so in die Gräber, das machte ihnen gar nichts
aus. Aber wenn die Franzosen kamen oder die Belgier und andere -
wir gruben für Belgier, Italiener, Holländer, für mehrere Natio-
nen mit aus -, das war enorm, was von deren Haltung an
Menschlichkeit fast physisch spürbar ausging. Dieses, und wenn
man täglich gesehen hat, wie viele Opfer in den Gräbern lagen,
Hunderte von Leichen... Meine antifaschistische Haltung bis zum
heutigen Tage, die ist da noch viel fester geworden, und ich habe
den Franzosen in dieser Hinsicht viel zu danken. "/2/
Als Wissenschaftler und Hochschullehrer auf dem Gebiet von
Volks- und Völkerkunde hat Wolfgang Jacobeit dieses Vermächtnis
gelebt und vermittelt. Damit fühlte er sich Wolfgang Steinitz
sehr nahe. Schließlich verband beide - wie später auch Wolfgang
Jacobeit und Paul Nedo - die Utopie, "in dieser DDR etwas ganz
anderes für Deutschland schaffen zu helfen"/3/. Wolfgang Jaco-
beits Identifikation mit der Totalität der "Erneuerung" hatte
auch ihren Preis.
Der Jubilar arbeitete im Steinitzschen Akademieinstitut,
Später als Direktor des Museums für Volkskunde und als Ordinarius
unserer Universität, auf einem breiten wissenschaftlichen Feld:
dem Gebiet der bäuerlichen Arbeit und Wirtschaft, der MWissen-
Schaftsgeschichte und Museologie, der Kultur und Lebensweise des
Proletariats und schließlich der AAlltaoasaeschichte seit der