Die Auswahl und das Angebot eines „Exempels” setzt eine thematische Artikulation vor-
aus. So galtes, dem Ausstellungsmaterial eine F ragestellung abzugewinnen, die als didak-
tische Zielvorgabe wesentlich einzuschätzen war. Da die Gegenstände der Sammlung ein
halbes Jahrhundert alt sind, empfahles sich, das Problem des Kulturwandels beiden Oraon
als das Leitthema der Ausstellung zu wählen: In der Ausstellung sollten kulturelle Verände-
"ungen an einem konkreten Beispiel gezeigt und so dem Betrachter ein Zugang zur Kultur
sines ihm völlig fremden Volkes überhaupt verschafft werden. Die Sammlung wurde unter
diesen Gesichtspunkten durchgesehen. Dabei bot sich an, in der thematischen Vitrine den
Kulturwandel am Beispiel der Veränderungen bei der Bekleidung von Oraon-Frauen in den
letzten 50 Jahren darzulegen. Zugleich ergaben sich als attraktive und sachlich ergiebige
Subthemen „Vogelfang”, „Betelkauen” und „Schmuck” für die Schubladen sowie „Land
und Leute”, „Kulturwandel” und „Konietzko-Expedition” für Tafeldemonstrationen im
Drientierungsapparat.
Nach der Gestaltung wurde in der Ausstellung eine Evaluation durchgeführt, bei der Be-
sucher beobachtet und befragt wurden. Die Beobachtungen und die Angaben der Proban-
den wurden dann ausgewertet, so daß die Untersuchung zu einem ersten Ergebnis gelang-
'e. Im Anschluß daran unternahm der Verfasser — wie im Projekt vorgesehen — eine Stu-
Jienreise unter anderem auch in das Oraon-Gebiet (Chota Nagpur, Indien)®,
Nach der Rückkehr von der Reise konnte anhand der gewonnenen Informationen die
Ausstellung an einigen Punkten korrigiert bzw. ergänzt werden: Dabei erhielt die Vitrine
sinen zusätzlichen Karteikasten mit textlichen Erklärungen für das in der Vitrine dargestell-
‚€ Thema. Außerdem ließ sich eine weitere Tafel am Orientierungsapparat mit aktuellen In-
formationen aus dem Oraon-Gebiet gestalten. Anschließend wurde eine zweite Befragung
durchgeführt, deren Befunde dann mit den bereits gewonnenen Ergebnissen verglichen
und ausgewertet wurden. Diese und auch die oben erwähnten didaktischen Prinzipien so-
wie deren Anwendung in der Ausstellung sind an anderem Ort ausführlich dargelegt*. Bei
der Untersuchung hat sich als sinnvoll herausgestellt, zwischen einer Ausstellungsdidaktik
und einer Ausstellungstechnik zu unterscheiden, auch wenn die Grenzen in vielen Fällen
ließend sein mögen. Die vorliegende Arbeit befaßt sich hauptsächlich mit ausstellungs-
echnischen Aspekten der Präsentation.
2, Die erste Gestaltung
Um die Ausstellungskonzeption zu verwirklichen, wurden drei Mitarbeiter des Hamburgi-
schen Museums für Völkerkunde herangezogen. Es handelte sich um einen Tischler und
zwei weitere Mitarbeiter der Werkstatt. Außerdem standen der Fotograf des Hauses und
eine Grafikerin zur Verfügung. In einer gemeinsamen Sitzung wurde das theoretische Kon-
zept der Ausstellung den Mitarbeitern ausführlich dargelegt und besonders auf die Teil-
aspekte der Ausstellung aufmerksam gemacht, bei denen im Prozeß der Gestaltung Pro-
bleme zu erwarten sein dürften. Die Grafikerin hatte die Aufgabe, zwei Zeichnungen für den
Irientierungsapparat anzufertigen. Der Tischler wurde für die Planung zur Konstruktion
des Orientierungsapparates zu Rate gezogen und erhielt den Auftrag. diesen herzustellen
3 Ebend. S. 179f.
4 Val. Beiträge zur Museumsdidaktik am Beispiel einer ethnographischen Sammlung. Monographien zur Völkerkunde, Bd, 9 (im Druck).
FF)