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Volltext: Jahrbuch für Volkskunde, 15.1992 N.F.

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Margaretha Palzkill 
Die Teufelsbündner-Legende 
Die ersten Teufelskruzifixe sollen in den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts in Italien 
asntstanden sein, u.z. erfunden und verbreitet von römischen Kapuzinern. In deren 
Kloster am Barberiniplatz wurde ein, heute nicht mehr nachweisbares, Gemälde der 
Kreuzigung Christi gezeigt, das auf die folgende Begebenheit zurückgehen soll: ein 
von Haus aus reicher, aber liederlicher Jüngling hatte sein gesamtes Vermögen ver- 
geudet. Von seinen Angehörigen nicht länger unterstützt, beschließt er, in die Dien- 
ste des Teufels zu treten, der als Gegenleistung ausreichend Geld zur Verfügung zu 
stellen verspricht. 
Als zusätzliche Leistung verlangt der Jüngling vom Teufel, ein Bild von der Kreu- 
zigung Christi anzufertigen, da der Teufel der einzige noch lebende Zeuge dieses 
Geschehens sei. Als der junge Mann schließlich das Bild des vollkommen zermarter- 
ten, leidenden Christus sieht, ist er dermaßen angerührt und von Reue erfaßt, daß er 
den Namen Jesu ausruft. Damit treibt er den Teufel in die Flucht? 
Mittels kleiner Andachtsbilder ist dieses Motiv des ganz und gar zerschundenen 
Christus wohl weiter verbreitet worden. Als Beleg für die Vermutung kann beispiels- 
weise ein aus Poitiers staammendes Andachtsbildchen des 19. Jahrhunderts herange- 
zogen werden. Dessen Bildlegende nimmt auf die Geschichte vom liederlichen Jüng- 
ling unmittelbar Bezug (vgl. Bilderliste Nr. 7). 
In der Literatur bislang nicht behandelt und also ungeklärt ist die Frage, wie das 
Entstehungsverhältnis zwischen Teufelsbild und Teufelslegende zu beurteilen ist. 
Diente die Erzählung vom verdorbenen Teufelsbündner dazu, eine vielleicht schon 
sehr viel ältere Darstellung, deren schaurige Expressivität nicht mehr verstanden 
wurde, von neuem zu erklären und plausibel zu machen? Oder handelt es sich um 
eine zeitgleiche Erfindung? Traf u. U. das Bildnis des »bluttriefenden Christus« sehr 
wohl den Zeitgeschmack des 17. Jahrhunderts (»Das Blutrünstige wurde zum Stiler- 
fordernis«*), bedurfte aber, um akzeptiert zu werden, einer höheren und hier eben 
teuflischen Rechtfertigung? 
Faustkreuzlegende 
Sicher ist jedenfalls, daß in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts die Geschichte vom 
Jüngling durch eine neue Legende überformt und überlagert wurde: Lieder, Flug- 
blätter und sogar Puppenspiele berichten nun davon, daß Mephisto auf Verlangen 
Fausts Christus am Kreuz gemalt habe*. In einem Teil der schrifilichen Quellen geht 
die Geschichte sogar noch einen Schritt weiter: Faust verlangt von Mephisto, den 
Namen Christi auf das Gemälde zu schreiben, was diesem natürlich unmöglich ist. 
Einige wenige Darstellungen (Bildliste Nr. 1 und 2) greifen dieses neue Motiv »wort- 
> Vgl. den Bericht des Barbier de Montault. In: MEIıErR (wie Anm. 2), S. 12ff. 
‘ Dörrer (wie Anm. 2), S. 225. 
> Zur literarischen Tradition vgl. KRETZENBACHER, LEOPOLD: Faust zwischen Höllensturz und 
Gnade. In: Ders.: Heimat im Volksbarock. Klagenfurt 1961, S. 15-24, hier S. 17 ff. — MEIER 
(wie Anm. 2). S. 2ff. — SCHMIDT: Zu einem Faust-Kreuzbild ... (wie Anm. 1), S. 63f.
	        
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