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Volltext: Zeitschrift für Ethnologie, 51/53.1919/21

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
92 Literarische Besprechungen. 
in Kleinasien und Turkestan verbreitet ist, Länder, aus denen über eine alte Kultur 
desRoggens nichts bekannt ist, wihrend der Kulturroggen, das Secale cereale L., 
in dem winterkalten Waldgebiete Europas zu Hause ist, wo die wilde Stammpflanze 
überhaupt nicht vorkommt. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daB der Kultur- 
roggen nicht von der dalmatinischen oder der serbischen, sondern von der klein- 
asiatischen Unterspezies des wilden Roggens, dem ,Secale anatolicum Boiss.“ 
abstammt, kommt der Verfasser zu dem Schlusse, daß die Körner, aus denen unser 
Kulturroggen entstand, als Ackerunkraut mit kleinasiatischen Getreideschiffen in das 
Pontus- Gebiet gelangt sein müssen. 
Eine umfangreiche und wichtige Studie hat E. Werth beigesteuert über die 
Natur-und Kulturgeschichte der Banane. Die Kulturvarietäten dieser 
Frucht, die die Alten Paradiesfeige nannten, zeichnen sich bekanntlich durch fleischiges 
Fruchtgewebe und Samenlosigkeit aus, was nach Stuhlmann u. a, Bearbeitern 
immer als ein Beweis für ein sehr hohes, weit in prähistorische Zeiten zurückreichen- 
des Alter der Bananenkultur angesehen worden ist. Es fragt sich, von welcher wilden 
Stammart die kultivierte Banane sich ableitet, und. wie die Entwickelung zur Kultur- 
varietät sich vollzogen haben mag. Der Verfasser stellt einen Stammbaum der 
bananenartigen Gewüchse auf. Als àlteste und dem Urtypus am nàüchsten stehende 
Form betrachtet er die Gattung Ravenala, von der eine Art in Madagaskar, 
eine andere in Guayana und Brasilien vorkommt. Aus ihr ging die nahestehende, 
aber morphologisch vorgeschrittene Gattung Strelitzia hervor, die in einer be- 
schränkten Zahl von Arten das Madagaskar benachbarte Südostafrika bewohnt. Noch 
ehe die Unterbrechung der Verbindung zwischen dem tropischen Amerika und dem 
tropischen Asien sich vollzogen hatte, hatten sich aus der Urform der Familie zwei 
Gruppen herausgebildet, die sich nachher selbstündig zu der neuweltlichen Gattung 
Heliconia und der altweltlichen Gattung Musa weiter entwickelten, die 
beide je eine ganze Anzahl von Arten umfassen. Unter den letzteren unterscheiden 
sich die zu der Untergattung Physocaulis gerechneten afrikanischen Arten scharf 
von der Untergattung Eumusa, die (mit der kaum abzutrennenden Untergattung 
Rhodochlamys) Asien, Nordaustralien und Ozeanien bewohnt. Der Verfasser 
hebt die Unterschiede hervor, die zwischen dem afrikanischen und asiatischen For- 
menkreise bestehen, — die in der Blütenform, in der Grófe und Beschaffenheit der 
Frucht und der Art des Wachstums der Scheinstimme sich aussprechen, — und 
kommt zu dem Schlusse, daB der afrikanische Formenkreis als Stammgruppe der 
kultivierten Fruchtbananen nicht in Betracht kommen könne. Diese seien viel- 
mehr mehr auf eine oder mehrere Arten der Eumusa- Gruppe zurückzuführen, 
die, im gleichen Schritt mit einer weitgehenden Anpassung an die Pollen-Übertra- 
gung durch honigsaugende kleine Vógel, auch Früchte mit weichem, geniefbarem, in 
vielen Fällen sehr wohlschmeckendem Fleische mit relativ kleinen Samen aus- 
gebildet haben. 
Das dritte Kapitel, das von der Nahrung und der Wirtschaft handelt, wird von 
einem Aufsatze Alfred Vierkandts über die Vulgürphychologie in der Eth- 
nologie und die Anfünge der menschlichen Nahrung eingeleitet. Unter ,Vulgür- 
psychologie“, ein Ausdruck, den Wundt in die Literatur eingeführt hat, versteht 
màn die Irrungen, die dadurch entstehen, daB der Phantasie und der Reflexion 
grundsätzlich ganz allgemein die Führung im Seelenleben überwiesen wird, während 
diese von Haus aus im Triebleben liegt, das seinerseits die Vorstellungstätigkeit in 
einschneidendster Weise beeinflußt: und gleichsam nach sich zieht. Der Verfasser 
weist das in einer ganzen Reihe von Fällen nach und widmet dann noch ein Paar 
Seiten der Frage, wie wir uns die Anhänge des menschlichen Nahrungserwerbes vor- 
zustellen haben. Der Verfasser nimmt einen Jagdinstinkt an, einen Sammelinstinkt; 
einen Instinkt der Neugierde, und damit verbunden den Experimentierdrang, — alles 
Triebe, die für die Ausdehnung der Kenntnisse der Ernührungsmoóglichkeiten von 
grundlegender Bedeutung seien. Zum Schluß kommt der Verfasser noch auf das 
Problem der Tierzucht zu sprechen, die nicht aus jenen spielenden Anfängen abzu- 
leiten sei, wie sie uns in den Schilderungen Karl von den Steinens von 
den brasilianischen Dôrfern entgegentreten. 
    
  
 
	        
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