Paul Matschie:
(5) Herr Matschie hält den angekündigten Vortrag:
Neue Ergebnisse der Schimpansenforschung.
Zu den Aufgaben der Menschenkunde gehören sicherlich auch
Untersuchungen über die Beziehungen der Menschenaffen zu den
Menschen. Es ist schon viel darüber geschrieben worden, ob Mensch
und Affe blutsverwandt sind und ob eine Entwicklung des Menschen
aus affenähnlichen Geschöpfen oder beider aus gemeinsamer Stamm-
form angenommen werden muÃ.
Von demjenigen, der längere Zeit in einer groÃen Säugetier-
sammlung vergleichend gearbeitet hat, können diese Fragen nur ver-
neinend beantwortet werden. Er findet unter den Säugetieren kei-
nerlei Ãbergänge zwischen verschiedenen Arten, er erkennt, daà jede
eine gröÃere Anzahl blutsverwandter Sippen umfassende engere Ge-
meinschaft, mag man sie nun als Art, Unterart oder Rasse, je nach
der besonderen Auffassung, bezeichnen, feste, unveränderliche Merk-
male besitzt. In allen Fällen, wo ein Säugetier Kennzeichen zweier
Formen in sich vereinigt, wo man bei flüchtiger Betrachtung einen
vermeintlichen Ãebergang zu erkennen glaubt, wird sorgfältige Prü-
fung leicht den Beweis dafür erbringen, daà man es mit einem Misch-
linge zu tun hat. Solche Mischlinge kommen nur in Gegenden vor,
in denen die Verbreitungsgebiete zweier Arten sich berühren; sie
bilden aber niemals neue Rassen. Beweise für das Entstehen einer
Säugetierart aus einer anderen sucht man vergeblich.
Die einander ähnlichsten Arten, die man entweder als. Unter-
arten einer und derselben Art oder Arten einer und derselben Unter-
gattung auffassen kann, nehmen gesonderte Gebiete ein, so daà jede
von ihnen einen Teil des von der Art bez. Untergattung in Besitz
genommenen Teiles der Erde für sich allein bewohnt. Nur dort, wo
nach Vernichtung der ursprünglichen Tierwelt, durch Ãberschwem-
mungen oder andere dem Bestande verderbliche Veränderungen
später aus der Nachbarschaft eine Wiederbesiedelung stattgefunden
hat, können Arten, die sich sonst gebietsweise vertreten, neben ein-
ander leben, vorausgesetzt, daà sie verschiedenes Gelände in Anspruch
nehmen. Die eingewanderten Formen behalten aber ihre ursprüng-
lichen Merkmale und verändern die für ihre Art bezeichnenden Ei-
gentümlichkeiten ihres Knochenbaues, ihrer Gestalt und ihrer Für-
: bung keineswegs.
Ãhnliches muà auch für den Menschen. gelten, weil der Mensch
zu den Säugetieren gehört. Allerdings werden derartige Feststellungen
auf dem Gebiete der Menschenkunde sehr erschwert durch die in
vielen Gegenden seit längerer oder kürzerer Zeit eingetretene Bluts-
mischung, die durch Völkerwanderungen und Eindringen fremder
Einwanderer verursacht worden ist. Wenn man aber in Gegenden,
wo noch verhältnismäÃig viele reinblütige Menschen wohnen, die
unterscheidenden Merkmale der sich gebietsweise ersetzenden Völker-
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