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Wind bewegt, auch abschleifend wirken kann, nicht herangeschlagen
wird, sehr lange halten können, namentlich, wenn die Farben, wie
einige sachverständige Gewährsmänner schrieben, sich in den Felsen
eingefressen haben. Aber an allzuvielen Stellen wird dieses in
Südafrika wohl nicht der Fall sein, und ein größerer Teil der Malereien,
bzw. Zeichnungen wird daher kein zu hohes Alter haben.
Was nun die Ausführung der Malereien anbelangt, so ist diese
doch recht. verschieden. Meistens kann man sie nur als eine rohe
und stümperhafte bezeichnen, wenn auch solche, die eine sehr gute
Beobachtungsgabe und einen gewissen „Schwung“ des Künstlers zeigen,
vorkommen. Jedenfalls stehen doch die Höhlenzeichnungen von
Altamira und mancher französischer Grotten im Durchschnitt auf
einer anderen Stufe. Kopien von sogenannien Buschmannmalereien
waren früher selten nach Deutschland gekommen (dagegen in den
letzten Jahren vor dem Kriege in größerer Zahl). Daher legte
ich gelegentlich der Diskussion eines im Februar 1906 von Herrn
v. Luschan über Buschmänner und die alten Bauten von Zimbabwe
gehaltenen Vortrages eine Anzahl von solchen Blättern in der Sitzung
vor, die sich im Besitze des Museums der Mission I in Berlin befanden,
ebenso Schweißschaber der Bawenda bzw. Zulu, die mit Figuren von
Menschen und Tieren im schwarzen Strichelungsmuster verziert waren.
Die letzteren waren neueren Datums und stammten also nicht von
Buschleuten, sondern sogenannten Bantustämmen. Zur Klärung der
Frage, ob die Originale zu den im Museum befindlichen Kopien der
Felsmalereien wirklich von Buschleuten stammten, hatte ich mich an
den damals in Südafrika lebenden Herrn Missionar Procesky, der sie
in den ersten siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts an Ort und
Stelle gemacht hatte, gewandt und ihn um nähere Aufklärung gebeten.
Ich erhielt ein Antwortschreiben, das ich wegen seiner Wichtigkeit
im Jahrgang 1906 in Anschluß an die Diskussion auf S. 923—925 zum
Abdruck gab.
Herr Procesky stellte sich auf den Standpunkt, daß die Busch-
leute nicht die Verfertiger der Bilder gewesen sein könnten,
da sie auf einem zu tiefen Kulturstandpunkt ständen. Diejenigen,
welche sich eingehender für die Sache interessieren, lesen am besten
die betreffenden Stellen nach. Hervorgehoben soll noch werden, daß
Procesky an einer Felswand ein Bild, von dem er leider keine Kopie
anfertigte, gesehen hat, wo ein Mensch auf einem Elefanten reitet.
Er meint wohl nicht ganz mit Unrecht, daß der Maler dies gesehen
haben müsse, „sein Volk also die Elefanten gezähmt hätte“. Das letztere
wäre ja nicht unbedingt nötig gewesen, wohl aber hätte der Künstler
unter einem Volke leben müssen, das Elefanten als Reittiere verwendete.
Die Gründe, welche Procesky anführt, daß die Buschmänner,
welche er kennen gelernt hatte, nicht auf der Stufe standen, um
derartige farbige Zeichnungen auszuführen, mögen für seinen Fall
zutreffen, aber in derselben Sitzung legte ich einen Bogen mit Malereien
vor, die allerdings wohl auf Bestellung in Südafrika von einem
Buschmann gemacht worden waren und den, wie ich später heraus-
fand, schon im Jahre 1881 Herr Missionar Nauhaus (nicht Neuhaus,
wie in Folge eines Druckfehlers auf S.925 der Verhandlungen von
1906 steht) in der Sitzung unserer Gesellschaft gezeigt hatte, also doch
wohl als Beweis dienen muß, daß Buschmänner derartige Male-
reien machen können und gemacht haben.
Ich möchte auch noch auf ein Werk von J. P. Johnson, The
Pre-Historie Period in South-Afriea, hinweisen, das ich im Jahr-