58 C. Gagel: Deutsche paläolithische Artefakte.
schen Neolithikum!?), wo in einem Moor über dem Dryaston, in dem
Skelett eines darin verendeten Urochsen, innen im Schulterblatt,
einige Pfeilspitzen steckten, mit denen das Tier offenbar zu Tode
getroffen war (a. a. O. Fig. 3a—o).
Wir haben also auch hier den Fall, da hier ein im franzósischen
Palüolithikum unbekannter Typ und eine besondere Technik hoch
oben im Jungglazial auftaucht und sich bis weit ins Alluvium,
bis tief ins Neolithikum hinein, erhält, also bis über eine geo-
logische Formationsgrenze hinüberreicht.
Auch diese „nicht in das System passende“ Spitze von Rosenkranz
hat Wiegers in seiner vorerwähnten Arbeit gar nicht erwähnt, trotz-
dem sie ganz sicher noch paläolithisch, von mir im Diluvialprofil
gefunden ist.
Wir haben hier also den immerhin bemerkenswerten Fall, daß
über die Paläolithe Norddeutschlands ein „System“ aufgestellt wird,
das zwar nicht (oder nur in zweiter Linie) die französischen Namen
anwendet, aber sich innerlich sklavisch an das französische System
bindet, und das die Mehrzahl aller geologisch sicher datierten Funde
Norddeutschlands entweder gar nicht erwähnt oder ihre Natur, Be-
deutung und Lagerung kurzweg leugnet!
Es mag nochmals betont werden, daß alle die erwähnten vier
Funde vom K.-W.-K. (Kilometer 28,3), von Michaelisdonn, von Nusse
und von Rosenkranz, durch die geologischen Umstände, die beiden
letzten aueh noch durch die im Dryaston liegende Flora, beweisen,
daß der diluviale Mensch in Norddeutschland wenigstens z. T. un-
mittelbar am Eisrande gelebt hat, in hochglazialen Verhältnissen und
unter klimatischen Umständen, in denen jetzt noch in Nordost-
Sibirien, unter 62—68° N. Br. die Jakuten und Tungusen leben und
mit ihren „steinzeitlichen“ Waffen (Bogen, Knochenpfeile usw.) die
wilden Renntiere jagen in Gebieten, in denen im Bodeneise die ein-
gefrorenen, vollständig erhaltenen Mammutkadaver gefunden werden
mit dem noch zwischen den Zähnen steckenden Futter von arktischen
Pflanzen. !®)
Einige kurze Bemerkungen über Buschmannmalereien
und Felseinritzungen.
Von
P. Staudinger.
Im 55. Jahrgang 1923 unserer Zeitschrift in Heft 1—4 findet sich
von dem unterdessen verstorbenen F. v. Luschan ein Aufsatz über
Buschmann-Einritzungen auf Straußeneiern. Er kommt dabei auch
auf das Alter der Buschmann-Felszeichnungen und -Malereien zu
sprechen, meint, daB man früher allgemein und er auch diese nur
den Busehleuten zugeschrieben habe und erwähnt auf S. 32, daf erst,
als man mit den wunderbaren Hohlenmalereien von Altamira und
anderen spanischen und französischen Kunstwerken verwandter Art
vertraut wurde, es in den Köpfen einiger (Staudinger, Schieffer-
a Ll
19) N. Hartz og Herlof Winge: Om Uroxen fra Vig! Aarbóger for nordisk Old-
kyndighed 1906, S. 254—235, Fig. 3a—c.
25 Vel. Pfizenmeyer: Mammutleichen und Urwaldjüger in Sibirien 1925.