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Zur Frage der altmexikanischen Tageszeichen 213
Gesichert ist jedenfalls die Parallelisierung der drei Säugetiere. Für die
weitere Zuordnung sind Mutmaßungen nach dem möglichen Sinnbereich zwar
anzustellen (Aquivalenz von „Eidechse‘ und „Ochse‘ unter dem gemeinsamen
Aspekt der Fruchtbarkeit und Zeugung, Aquivalenz von ,,Geier' und
„Schwein‘ unter dem Gesichtspunkt schmutzliebender Tiere?), aber eine Be-
weisstringenz ist damit nicht zu erbringen.
Insgesamt können acht Äquivalenzen zwischen der altmexikanischen Tier-
dekade und dem chinesischen Duodezimalzyklus vorgelegt werden — ein An-
teil, der weit aus Zufälligkeitserwartungen herausfällt und außerdem noch
durch ein verdecktes Strukturmerkmal bekräftigt wird.
Die eindeutige Parallelisierung der altmexikanischen UT-Pentade mit der
vom ,Drachen’ bis zum , Hahn’ reichenden Hälfte des ostasiatischen Tierzy-
klus führt zu der Frage, weshalb gerade dieser Abschnitt als Ausgangsbasis
gedient haben kônnte. Sieht man sich beispielsweise die Anordnung der chine-
sischen Kalendertiere auf einem Dokument aus Tibet an (Waddell, Buddhism
of Tibet p. 453, bei Boll 1903:328), so ergibt sich folgendes Verteilungsbild:
Drache Schlange Pferd Schaf
Hase Affe
Tiger Hahn
Ochse Ratte Schwein Hund
Die obere (vierteilige) Reihe und die rechte (zweiteilige) Folge, insgesamt zwei
begrenzende Abschnitte des Mittelfeldes, bilden den systematisch parallelisier-
baren Anteil des Tierzyklus; untere und linke Sequenzen enthalten die unre-
gelmäBigeren Entsprechungen zu altmexikanischen GT-Zeichen. Ein diagonaler
Schnitt von links oben nach rechts unten würde jene Sonderung bewirken,
die beim Studium der altmexikanischen Tierzeichen zu erkennen war. Die Tie-
re der Schmalseiten sind in altmexikanischer Bewertung als solar (,, Affe" und
nAdler”) und lunar (,Jaguar” und , Kaninchen") anzusprechen, was genau der
Zuweisung an die Hauptrichtungen (in der tibetanischen Quelle ist Osten
rechts, Westen links) entsprechen wiirde.
Der Befund ist interessant, weil er einen markanten Einsatzpunkt fiir die
mit dem „Drachen‘ beginnende Hälfte erbringt, löst aber nicht die auffällige
Nichtkongruenz des 12.—2. chinesischen Tierzeichens. Diese ,Dreier-Lücke"
kann unter einem anderen Verteilungsschema besser erfaft werden. Wir be-
nutzen dazu Belege von den Na-Khi im westlichen Yünnan (Rock 1952 11:588
Vgl. auch 1:239), die von einer Zuordnung der Tierzeichen nach Jahresvierteln
berichten:
Schlange (5) Pferd Schaf (7)
Drache (1) SOMMER Affe (11)
Hase (8) FRÜHLING HERBST Hahn (15)
Tiger (14) WINTER Hund (10)
Ochse Ratte Schwein
Ich habe in dieses Modell bei den Tierzeichen in Klammern die Kennziffern
der altmexikanischen Entsprechungen eingetragen. Es wird sofort deutlich,
daB die nichtparallelisierbare ,,Dreier-Lücke" hier genau auf ein Jahresviertel
fällt: Der Winter ist nicht anzuschließen!
Die Parallelisierbarkeit verläuft über die drei wärmeren Jahresviertel; für
die kälteste Jahreszeit (in Asien) liefern die altmexikanischen Tierzeichen kei-
ne offene Entsprechung. Eine mögliche Erklärung hierfür bietet sich aus den
geographisch-klimatischen Gegebenheiten an: Das seit der Shang-Zeit faßbare