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Anthropos 92.1997
dieselbe Richtung beziehen - beide Male “land
wärts”. Mir wurde der Unterschied so erklärt,
daß kedara kebö sich auf ein Feld bezieht, das
relativ nahe in dem noch sanft ansteigenden Kü
stenstreifen oder am Fuß der Hügel liegt. Dieser
Küstenstreifen wird von steil ansteigenden Hügeln
bzw. Ausläufern des lié Mandiri begrenzt. Wenn
das Feld tatsächlich relativ hoch auf einem solchen
Hügel oder (was früher der Fall war) hoch am
Abhang des lié Mandiri liegt, dann sei kedata kebö
angebracht. Entsprechend heißt es auch naé data
buké “auf den Hügel steigen”.
Wie oben angedeutet, ist heute ein starker Ein
fluß von BI im LM festzustellen. Dies kann bedeu
ten, daß die charakteristischen Richtungsbegriffe
ganz weggelassen werden und eine dem BI ent
sprechende Ausdrucksweise gewählt wird. Es ist
aber ebensogut möglich, und in der Tat sehr oft
zu hören, daß die Richtungsbegriffe in der Form
nur “modernisiert” werden, d. h. an BI angepaßt
werden, sich aber am Grundsatz ihrer Verwendung
nichts ändert. Die verschmolzene Form LM da
ta wird dann “korrekt” aufgelöst und die Form
kedata verschwindet. Tab. 2 faßt die Begriffe der
“lateralen Achse” zusammen und gibt zugleich ihr
“modernes Äquivalent”.
Tab. 2: Die “laterale Achse” im LM
LM
Ort/Richtung
“Modernes” LM
deba
“unten”
di bawa(h)
keba
“nach unten”
ke bawa(h)
turo deba
“nach unten”
ke bawa(h)
turo
“nach unten”
ke bawa(h)/turun
deba naé
“von unten her”
dari bawa(h)
data
“oben”
di atas
kedata
“nach oben”
ke atas
naé data
“nach oben”
ke atas
naé
“nach oben”
ke atas/naik
data turo
“von oben”
dari atas
Damit ergibt sich ein BI/LM-Gebrauch dieser
Wörter, der im SM/BI kein Vorbild hat. Es ist
mir nicht speziell aufgefallen, daß auch die Achse
lao-dara “modernisiert” wird. 18
Larantuka-Malaiisch und Lamaholot
Das System der Richtungsbegriffe im LM, das
keine Vorlage im SM besitzt, läßt sich am besten
18 Aus etwas undeutlicher Erinnerung an Alltagsgespräche
habe ich den Eindruck, daß diese Achse eher verschwindet.
uuicn einen kurzen Vergleich mit dem Lh verste
hen. Die Grundbegriffe des Lh sind zwar bekannt,
doch steht eine vollständige Analyse der Lh-Rich-
tungsbegriffe noch aus. Daher muß der Vergleich
mit LM notwendigerweise knapp ausfallen. Ich
werde mich darauf beschränken, das aus der Li
teratur bekannte Material zu den vier Grundrich
tungen tabellarisch dem LM-Material gegenüber
zustellen. Als Beispiel dafür aber, wie komplex
das sprachliche System der Richtungen und Loka
lisierungen ist, sei auf die linguistische Arbeit von
Samely (1991: Kap. 10) zur dem Lh verwandten
Kedang-Sprache (Lembata) verwiesen. 19
Die “Land-Meer-Achse”
Die Achse LM lao-dara entspricht direkt der Ach
se lau-rae im Lh (lau “Seeseite”, rae “Landseite”).
Als Beispiel für die Verwendung von Lh lau gibt
Leemker ein Beispiel, das eine direkte Überset
zung des oben erwähnten LM dudo lao ist: tobo
lau “an der Seeseite sitzen” (Leemker 1893 s.v.
lau).
Die Bewegung weg vom Sprecher wird durch
Hinzufügung des Verbs tai “wir [inklusiv] gehen”:
lau tai “wir gehen seewärts” (Barnes 1996b: 239
und Fig. 8 und 10). 20 Aus der betreffenden Rich
tung herkommen wird durch zwei Verben ausge
drückt, deren beider Grundbedeutung “kommen”
zu sein scheint, die aber auf jeden Fall einen entge
gengesetzten Richtungsaspekt implizieren: (1) hau
“kommen” (Leemker 1893 s.v. hauxv), “von oben
her, von den Bergen her” (Arndt 1937: 89), “aus
der Richtung des Landesinneren kommen” (Keraf
1978: 43, 232 passim); und (2) dai “kommen”
(Leemker 1893 s.v. dai\ Keraf 1978: 53, 97 pas
sim), “dort, dorther” (Arndt 1937: 89), “aus der
Richtung der Küste (her)kommen” (K.-H. Kohl,
pers. Mittig.). Also: rae hau “von der Landsei
te herkommen , lau dai “von der Seeseite her
kommen” (Barnes 1996b: Fig. 9 und 11). Lh dai
als “kommen” und “dorther” läßt die Möglichkeit
erwägen, daß es mit SM dari verwandt ist. Aus
vina sySlü
_ „„noicucü as ‘half up the mountain,’ ‘e
or ‘westward within the village,’ ‘neareast’ etc.,
the traditional worldview, they are not as importa
aforementioned central four.”
20 Tai wird dann, wie üblich im Lh, konjugiert (Barne
239); ta’it “aufbrechen, losgehen, Weggehen” in
des Lewolema-Distrikts (K.-H. Kohl, pers. Mittig.