Buchbesprechungen
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Gründern der großen Kongo-Staaten als
„große Jäger“ aufzuheben. Dafür wird der
Zusammenhang mit den Bakuba umso enger,
die ja ebenfalls nach ihren Wurfmessern be
nannt wurden. Im übrigen war die bisherige
irrtümliche Deutung des „Kongo“-Begriffs
immer zweifelhaft, da solche Staatsschöpfun
gen mit ausgesprochen handwerklich-pflan
zerischen Kulturleistungen kaum von reinen
Jägern begründet sein konnten.
Die exogamen Clane, die meist nach be
deutenden Häuptlingen benannt sind, wie
z. B. Mumka scheinen sich erst nach der
Konsolidierung der neuen Staaten voll ent
wickelt zu haben — ihnen gingen die Kin-
gudi voraus, die mütterlichen Verwandt
schaftsverbände. Der Titel des höchsten
Sundi-Häuptlings „Mansundi“ gilt dement
sprechend als Synonym für eine weibliche
Ahnin.
Wie alle mittelalterlichen afrikanischen
Staatsbildungen sind auch die Kongo-
Sundi-Staaten durch die besondere Bewer
tung des Leoparden als königliches Tier ge
kennzeichnet. Die Tatsache, daß gerade die
Ntinu (Könige) der Sundi Rindenstoffe tru
gen, obwohl das Weben bekannt war, deutet
erneut auf die Beziehung zu einer alten
pflanzerisch-seßhaften Schicht. Als besonde
res Würdezeichen führen der König und
große Häuptlinge den Wedel, außerdem ver
fügen sie über einen Scharfrichter mit beson
derem Schwert (lusimba), das gegen Gebüh
ren von geringeren Häuptlingen entliehen
werden kann. Auch ein Halsband mit Leo
pardenzähnen und ein Gefäß mit Kreide ge
hören zur Ausstattung des ntinu, ebenso
Glocke und Stab.
Sehr gut sind die Beobachtungen des
Verf. über die Schönheitsvorstellungen der
Sundi und ihrer Körperpflege.
Bemerkenswert sind der Hinweis auf die
harte und fleißige Arbeit, sowie die aus
führlichen Angaben zu den Eß- und Gruß-
silten und zur Lebensweisheit — z. B. „man
nimmt sich eine ältere Frau, die gut kochen
kann und keine junge, die noch mit ihren
Brüsten kokettiert“. Die durch einen speziel
len Begriff („Kitanta“) fixierte übernatür
liche Macht des Vaters erinnert an die
ntoro-Vorstellung der Aschanti. Dieser Kom
plex verdiente überhaupt einmal eine be
sondere Untersuchung.
Alte Siedlungen sind schon von weitem
durch ihre Kola- und Feigenbäume gekenn
zeichnet, sie sind Beweis der alten Land
nahme.
Die Jagd spielt wegen der Bedeutung des
Fleisches bei dem geringen Bestand an Klein-
Vieh eine große Rolle. Daher genießt der
tüchtige Jäger großes Ansehen. Auch seine
Totenfeier ist wesentlich prunkvoller als die
eines normalen Sterblichen. Das gleiche gilt
auch von Jagdhundhaltern. Sexuelle Ent
haltsamkeit vor der Jagd ist Voraussetzung
des Erfolges. Die Jagdwaffe ist schon lange
die Flinte, Bogen und Armbrust werden nur
noch von den Kindern benützt. Elefanten
zähne werden hoch geschätzt. Gifte sind be
kannt, werden aber nur für Fischfang ver
wendet. Es wird mit Netzen und auch Fallen
gejagt. Sehr interessant ist das Anlocken der
Fische durch Pfeiftöne. Während heute die
Arbeitsteilung nicht mehr ganz so streng ein
gehalten wird, blieb das Pflanzen und Nut
zen der Bäume nur den Männern Vorbehal
ten. Allerdings gilt Betätigung im Erdnuß-
Anbau auch heute noch als Schande für die
Männer. Wer es sich aber als Mann leisten
kann, die Erde nicht direkt zu bearbeiten,
gilt als gehoben. Hauptfrüchte sind Maniok,
Mais, Erdnuß und die Bohne. Der Bruch in
nerhalb der naturvölkischen Kleinfamilie
zeigt sich in den Ansprüchen der Abkunfts
familien von Mann und Frau auf Beteili
gung am Ertrag der jeweiligen Ernte.
Schweine, Ziegen. Hühner — seltener En
ten und Schafe, sind die domestizierten Nutz
tiere. Hunde und Katzen gelten als beson
ders wertvoller Besitz. Haltung und Züch
tung dieser Tiere gilt als vornehm, außer
dem stellen sie jederzeit verfügbares Kapital
dar, erhöhen also die wirtschaftliche Kraft.
Sehr wichtig erscheint der Hinweis auf die
Lohn-Tierhaltung durch spezielle Dörfer,
denen man gegen eine gewisse Beteiligung
an der Nachzucht die Tiere zur Pflege gibt.
Diese Sonderung nach Dörfern, je nach
der spezialisierten Tätigkeit trifft auch für
die Berufe der Eisenschmiede und Eisen-
wie Kupferschmelzer zu. Auch für Hütten
bau und Schnitzen gab es Berufshandwerker.
Schmieden und Schnitzen standen in höch
stem Ansehen, auch für Häuptlinge war es
nicht unter ihrer Würde, sich darin zu be
tätigen. Kupfer und Eisen wurden natürlich
vor Eintreffen der Europäer schon gewon
nen, ebenso Blei. Der Guß von Kupfer und
Blei in fester Form war allgemein üblich.
Bemerkenswert ist die Fertigung großer
12 Linden-Museum