Buchbesprechungen
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Kultur. Im einzelnen begreift er darunter die
Babylonier und Assyrer, die Kanaanäer, die
Hebräer, die Aramäer, die Araber und die
semitische Kolonie in Afrika: Äthiopien.
Wenigstens seit 3000 v. Chr. ist die semi
tische Sprache mit ihren drei Radikalen im
vorderen Orient, in Syrien, Palästina, Ara
bien und Mesopotamien als alteinheimisch
belegt. Die sprachliche Beziehung zu den Ha
miten wird kurz gestreift.
Die Ausgrabungsfunde werden vom Verl,
herangezogen, so daß er jeweils ein abge
rundetes Bild über Geschichte, Religion,
Recht und Gesellschaft, sowie über die Lite
ratur und Kunst darbietet. Mohammed ist
ein größerer Abschnitt gewidmet.
Als gemeinsamen Ckarakterzug der alt
semitischen Kultur betont der Verf. das Über
gewicht der Religion gegenüber den ande
ren Kulturbereichen. Daraus erwächst die
besonders im Christentum wirksam gewor
dene Vorstellung von der Universalreligion,
die der alte Orient ursprünglich mit der
Universalmonarchie verbunden hat. Den
wohl größten Beitrag zur Kulturgeschichte
leistete das Semitentum mit der Erfindung
des Alphabets.
Seine ungeheure Bedeutung aber gewinnt
es durch die Tatsache, daß sich aus ihm Ju
dentum, Christentum und Islam erhoben.
Wobei der jüdische Monotheismus in be
sonderer Weise geeignet war, die Religion
von ihrem engeren Heimatboden zu lösen
und universal zu werden.
Eine Literaturübersicht und ein Namens
verzeichnis runden das informative Werk
ab, das hiermit empfohlen sei.
J. F. Glück
GUDA E. G. VAN GIFFEN-DUYVIS:
De Azteken. 208 S.. zahlr. Bildtaf., 2 Karten,
8°. Uitgeversmaalschappij Holland. Am
sterdam o. J.
Unter den zahlreichen Büchern und Bild
bänden, die in den letzten Jahren über alt
amerikanischen Kulturen erschienen sind,
darf diese holländische Veröffentlichung ei
nen besonderen Platz beanspruchen. Die Ver
fasserin - eine Schülerin Walter Lehmanns -
geht nicht den Weg über das heute so gern
angesprochene Interesse für exotische Kunst,
um eine fremde, vergangene Kulturwelt dem
Verständnis eines weiteren Leserkreises zu
erschließen. Ihr vorliegendes Buch ist viel
mehr eine umfassende Darstellung der azte-
kischen Kultur, eine Monographie im besten
Sinne, die in knappen, aber klaren Strichen
und mit allem Rüstzeug archäologischer und
historischer Sachkenntnis ein ungemein an
schauliches Bild der letzten großen mexikani
schen Kulturepoche zeichnet, ihres geschicht
lichen Werdens und ihrer Zusammenhänge
mit den benachbarten Kulturen Mesoameri
kas, ihrer wirtschaftlichen und sozialen
Aspekte, ihres Kunstschaffens und vor allem
der geistig-religiösen Welt, in der sie ruhte.
Nach einem einführenden Kapitel, das mit
dem „Schauplatz“, der geographischem Um
welt der aztekischen Kultur, sowie mit den
wichtigsten frühspanischen Quellen bekannt
macht, einen Abriß der Eroberungsgeschichte
und einen kurzen Überblick über die Entste
hung des Aztekenreichs gibt, schildert die
Verfasserin das alte Tenochtitlan, „Herz und
Haupt“ von Montezumas Reich. Die folgen
den Abschnitte behandeln die wirtschaft
lichen Grundlagen der aztekischen Kultur, den
gesellschaftlichen Aufbau des Staates mit dem
Königspriestertum seines Herrschers, den
Funktionen seiner Stände, der Priester, der Ge
lehrten, Krieger. Kaufleute, Ärzte, Künstler
usw., das Rechtsleben und die Erziehung der
Jugend. Das Kernstück des Buches bilden die
Kapitel über Religion und Weltanschauung
sowie über Schrift und Kalenderwesen. Ge
stützt auf eine souveräne Beherrschung des
Stoffs, führt hier die Verfasserin in klarer
und prägnanter Darstellung den vielgestal
tigen Kreis der aztekischen Götter vor und
beschreibt in eindrucksvollen Bildern die kul
tischen Riten, die sich als Wiederholung
mythischen Geschehens mit diesen Götterge
stalten verbanden und im Menschenopfer
ihren Höhepunkt fanden. So wesensfremd
uns die altmexikanische Religion in ihrer
Erlebnissubstanz und ihren Vorstellungs
bildern immer sein mag; die Darstellung
van Giffen-Duyvis’ verdeutlicht auch dem,
der dieser fremdartigen Welt zum erstenmal
gegenübertritt, welch dominierende Rolle
Götterverehrung und Götterkult im Leben
der Azteken spielten, und läßt ihn verstehen,
daß hier die Intensität des Religiösen zur
festen Klammer zwischen Priesterschaft und
Volk geworden war. Ebenso klar wie sachlich
zuverlässig behandelt die Verfasserin den