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Anton Vorbichler
Anthropos 62. 196?
Die große Anteilnahme vieler Wissenschaftler aus dem In- und Ausland
und aus allen Schichten der Bevölkerung beim Begräbnis im Missionshaus
St. Gabriel (Mödling bei Wien) war ein deutlicher Beweis für die Wertschätzung,
der sich Pater Schebesta als Mensch und Priester sowie als Wissenschaftler
erfreute.
I.
Der Mensch und Priester
Allen, die mit P. Schebesta näher bekannt wurden, fiel die große Einheit
und Einfachheit seines Wesens auf, verbunden mit einer oft verwirrenden und
nicht voraussagbaren Verschiedenheit seiner menschlichen und wissenschaft
lichen Reaktionen, die dem geduldigen und vorurteilsfreien Beobachter jedoch
in den meisten Fällen eine mitten ins Schwarze treffende Intuition erkennbar
werden ließen. Der Mensch Schebesta und sein Werk sind dermaßen zu einer
Einheit verschmolzen, daß jeder fehlgeht, der das eine ohne das andere be
trachten will. Deshalb sei auch hier der kritischen Würdigung seines Werkes
eine kurze Schilderung seines Lebens vorausgeschickt k
Paul Schebesta wurde am 20. März 1887 zu Groß-Peterwitz im Hult-
schiner Bändchen geboren. Er entstammte dem mährischen Bevölkerungsteil,
der vielfach, besonders im kirchlichen Brauchtum, die eigene Lebensform be
wahrte und weitergab. Noch anläßlich seines 80. Geburtstages betonte er, daß
seine Mutter kein Wort Deutsch gesprochen und er selbst Deutsch erst in der
Schule gelernt habe. Er bekannte sich ausdrücklich zu diesem slawischen Erb
teil, der „slawischen Volksseele", wie er es nannte. Bis an sein Lebensende
hörte der menschliche, priesterliche und wissenschaftliche Kontakt mit den
1 Eine kurze Darstellung von Leben und Werk P. Schebestas brachte diese Zeit
schrift (Anthropos 52.1957 :263-276) anläßlich seines 70. Geburtstags: R. Rahmann, Wer
Pioniere der Völkerkunde. Ebendort findet sich auch eine Bibliographie in Auswahl
(pp. 274-276).
Ein Verzeichnis der Schriften Schebestas, das noch einiger Ergänzungen bedarf, wurde
zusammengestellt in:
Festschrift Paul Schebesta zum 75. Geburtstag. (Studia Instituti Anthropos, 18-)
Wien-Mödling 1963. [Im folgenden zitiert als „Festschrift“.]
Die hier häufiger herangezogenen Arbeiten Schebestas sind durch die Jahreszahl ihres
Erscheinens bezeichnet. Es handelt sich um die folgenden:
Die Bambuti-Pygmäen vom Ituri. Ergebnisse zweier Forschungsreisen zu den zentral
afrikanischen Pygmäen. 2 Bde. Brüssel.
1938 Bd. 1: Geschichte, Geographie, Umwelt, Demographie und Anthropologie der
Ituri-Bambuti.
1941 Bd. 2: Ethnographie der Ituri-Bambuti. 1. Teil: Die Wirtschaft der Ituri-
Bambuti.
1948 Bd. 2: 2. Teil: Das soziale Leben.
1950 Bd. 2: 3. Teil: Die Religion.
Die Negrito Asiens. 2 Bde. (Studia Instituti Anthropos, 6, 12 u. 13.) Wien-Mödling-
1952 Bd. 1: Geschichte, Geographie, Umwelt, Demographie und Anthropologie-
1954 Bd. 2: Ethnographie der Negrito. 1. Halbband: Wirtschaft und Soziologie-
1957 Bd. 2: 2. Halbband; Religion und Mythologie.